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Eine Bühne wie ein Wohnzimmer

Blaichach-Gunzesried

Eine Bühne wie ein Wohnzimmer

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    Eine Bühne wie ein Wohnzimmer
    Eine Bühne wie ein Wohnzimmer Foto: boxler

    Der Theatersaal wirkt eher wie ein Wohnzimmer mit den gemütlichen Polstermöbeln und bunten Gardinen an den Fenstern, das etwa viermal fünf Meter große Bühnenpodest wird nur an etwa zehn Tagen im Jahr aufgebaut. Denn sonst frühstücken hier die Gäste und Wirtin Christa Schneider lädt hier regelmäßig zu Yoga-Übungen ein. Doch die Veranstaltungen in der Dorfwirtschaft "Goldenes Kreuz" sind weithin bekannt. Aus Kempten und sogar aus Ulm kommen Besucher in den beschaulichen Ortsteil von Blaichach (Oberallgäu).

    Kabarettgrößen wie Ottfried Fischer oder Christoph Sonntag waren hier schon zu Gast. Als der fränkische Komödiant Frank-Markus Barwasser, besser bekannt als der kleinbehütete "Erwin Pelzig", im "Kreuz" auftrat, "da war er noch vollkommen unbekannt". Und Thomas Gehring, der erste Vorsitzende der "Oberallgäuer Künstlerbühne", fügt schmunzelnd hinzu: "Heute könnten wir ihn nicht mehr bezahlen." Der 50-jährige Journalist und Landtagsabgeordnete der "Grünen" teilt sich die Arbeit mit Bernhard Schneider, dem Wirt - und seinem Cousin.

    Gasthof seit 1877

    Der gemeinsame Urgroßvater Ludwig Gehring, gebürtig aus Oberstdorf, kam 1877 in das abseits gelegene Hochtal und begründete den Gasthof, der jetzt in vierter Generation im Familienbesitz ist. Schneiders Vater Eugen, Initiator des weithin bekannten Gunzesrieder Viehscheids, Architekt und begabter Alleinunterhalter, heiratete eine Gehring-Enkelin und organisierte schon Veranstaltungen jeglicher Art in Haus und Dorf. Sein Sohn Peter Schneider begründete 1982 gemeinsam mit Bruder Bernhard und Vetter Thomas die "Kultur im Kreuz".

    Zwei Jahre später wurde der Verein gegründet, der heute rund 65 Mitglieder zählt.

    Der gelernte Zimmerer Bernhard Schneider (52), der 1986 den Gasthof übernahm, erinnert sich: "Wir waren damals die ersten im Oberallgäu, die regelmäßig Kulturabende durchführten."

    Skepsis am Anfang

    Freunde und Dorfbewohner waren skeptisch: "Was, da oben?" Doch die Kleinkunst auf rund 900 Metern Höhe kam an. "Die Mischung machts", glaubt Bernhard Schneider, der seine Gäste gern mit dem Akkordeon unterhält. Das Angebot der "höchstgelegenen Kleinkunstbühne Deutschlands" (Schneider/ Gehring) umfasst eine breite Palette an Veranstaltungen vom Kabarett bis zur Clownerie, vom Flamenco bis zur Volksmusik. Es zählt aber auch die familiäre Atmosphäre in dem größeren Wohnzimmer (80 Plätze) und die Möglichkeit, nach dem Auftritt mit den Künstlern an einem Tisch zu sitzen. Gehring, der seit fast 40 Jahren den Kontrabass zupft: "Der Künstler verschwindet bei uns nicht hinter der Bühne.

    " Und fügt lachend hinzu: "Dass kann er gar nicht."

    Die Akrobaten der Worte und Töne melden sich inzwischen schon häufig von selbst bei Bernhard Schneider. Längst nicht jede Anfrage führt zu einem Auftritt. Denn mal ist das Ensemble zu groß für die kleine Bühne (optimal sind fünf Leute), mal sind die Technikwünsche überzogen: Das Equipment besteht aus einem Holzbalken mit Scheinwerfern und einem Paravent auf der Bühne - und manchmal wird auch ein Vorhang montiert.

    Die "Kunst im Kreuz" rechnet sich plus/minus Null. Das Eintrittsgeld geht eins zu eins an Künstler und "Gema", sagt Gehring. Es gibt ein paar Sponsoren, aber keine öffentlichen Zuschüsse. Plakate und Flyer fertigt Bernhard Schneider selbst: "Wenn am Ende des Jahres die roten Zahlen nicht so stark leuchten, dann gehts weiter.

    " Und das funktioniert bereits im 27. Jahr.

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