Kaufbeuren (rö). - Die Wände sind in warmen Gelbtönen gestrichen, der Speisesaal hat neue Vorhänge bekommen, ein Kinosaal ist neu eingerichtet. Schwester Aurelia Huber und Schwester Anna Stein haben selbst zum Pinsel gegriffen, um das Internatsgebäude an den Marienschulen pünktlich zum Schuljahresbeginn freundlich zu gestalten. Schließlich ist es nicht nur für die Schwestern das Zuhause, sondern auch für derzeit 62 Mädchen zwischen zehn und 20 Jahren. Schwester Anna ist seit Schuljahresbeginn die neue Leiterin des Internates St. Maria. Sie löst Schwester Aurelia ab, die bereits seit 1972 im Internat ist und dieses seit 1995 geleitet hat. Mit 70 Jahren tritt die Musiklehrerin und Sozialpädagogin nun in den wohlverdienten Ruhestand und freut sich auf freie Abende, wenngleich sie künftig für die Nachmittagsbetreuung weiterhin zur Verfügung steht. Das ist ein neues Angebot, das auch von externen Marienschülerinnen genutzt werden kann und insbesondere dazu beitragen soll, dass die Mädchen die Veränderungen durch die G8-Einführung, also die Verkürzung der Gymnasialzeit, schulisch gut verkraften. Das Internat, eine Einrichtung des Crescentiaklosters Kaufbeuren, steht aber nicht nur den Schülerinnen der beiden Marienschulen zur Verfügung, sondern nimmt auch Schülerinnen anderer Schularten auf - im übrigen ganz unabhängig von ihrer Konfession. 'Wir erwarten nicht, dass sie mit uns beten, nur, dass sie die christliche Ausrichtung akzeptieren', erklärt Schwester Anna. 'Alles ist ein kann, nicht muss'.' Die 37-Jährige ist gelernte Erzieherin und betreut die Internatsmädchen bereits seit zwölf Jahren. Die neue Führungsaufgabe bezeichnet sie trotz ihrer Erfahrung als 'nicht ganz leicht', 'aber mir liegt sehr viel an der schulischen Erziehung der Jugendlichen.' Dabei vertraut sie auf ihr Team, das neben Schwester Aurelia noch aus den beiden weltlichen Erzieherinnen Sonja Spieler und Daniela Herrschmann sowie Schwester Imelda, die die Kleinsten betreut, und Schwester Hildebranda besteht, die mit zwei Helferinnen die Küche des Internates führt. Während die zwei weltlichen Erzieherinnen das Haus abends um 22 Uhr verlassen, wohnen die Schwestern im Haus mit den Mädchen, die je nach Altersklassen auf Stockwerke verteilt sind. Das Internat beherbergt vor allem Schülerinnen, 'die einen geregelten Tagesablauf brauchen, um zu erfolgreichen schulischen Abschlüssen zu kommen', so Schwester Anna. Die Studierzeit ist beaufsichtigt, und abends gibt es zahlreiche Freizeitangebote vom Sport über Musik, Theater bis zu Kreativkursen und die Betreuung der internatseigenen Tiere: Es gibt zwei Hunde, Hasen und sogar Schafe. Das Gesamtangebot soll dazu beitragen, 'mitzuhelfen an der ganzheitlichen Entfaltung junger Menschen zu verantwortlicher, christlich geprägter Persönlichkeit', heißt es in einem Schulprospekt. Das bedeutet auch: Die Mädchen akzeptieren das Internat. 'Wenn eine sich partout nicht wohl fühlt, reden wir mit den Eltern, dann hat es auch keinen Sinn', erklärt Schwester Anna. An den Wochenenden fahren die Schülerinnen in jedem Fall heim zu den Eltern. Doch für einige ist das Internat zweifelsfrei auch eine wichtige Alternative in einer problematischen Familiensituation. Sehr viele Schülerinnen sind aber auch da, weil bereits die Mutter früher im Internat gern zuhause war.
Klare Strukturen Das Vertrauensverhältnis zu den Erzieherinnen ist gut. 'Kinder wollen einen Ansprechpartner haben, auch spüren, dass sie über ihre Probleme reden können', sagt Schwester Anna. Das Internat ist 'kein reiner Freizeitbetrieb, sondern wir haben sehr klare Strukturen, die den Kindern auch weiterhelfen sollen'. Klare Struktur heißt dabei nicht starres Verharren im Gewohnten: 'Man muss sich auch den Gegebenheiten der Zeit stellen', so Schwester Anna. An den Problemen der Schülerinnen aber habe sich eigentlich gar nicht so viel geändert in den vergangenen Jahrzehnten, findet Schwester Aurelia. Freilich, früher habe es vielleicht weniger Problemfälle gegeben, doch 'die Schwierigkeiten sind im Prinzip dieselben wie bei den alten Römern'. Es gebe sicher einige Fälle, 'wo Schülerinnen nach fünf Jahren gehen ohne ein Wort'. Doch das sei selten. Viel häufiger sei es so, dass selbst nach 10 oder 20 Jahren noch immer Kontakt zwischen ehemaligen Schülerinnen und den Schwestern bestehe. 'Schön, wenn man solche Rückmeldungen kriegt und weiß: Man war eine heimliche zweite Mutter', sagt Schwester Aurelia.