Manchmal kann die Tragödie des einen Menschen zur Lebenschance für den anderen werden: zum Beispiel bei der Organspende. Was aber, wenn nicht geklärt ist, ob nach dem Hirntod Niere, Lunge oder Herz an Patientinnen und Patienten, die diese dringend benötigen, weitergegeben werden dürfen? Mit einem Tattoo will die Münchener Initiative „Junge Helden“ das Thema Organspende stärker ins Gespräch bringen.
Auch Tätowiererinnen und Tätowierer im Allgäu stechen das dafür entworfene Motiv kostenlos unter die Haut von Kundinnen und Kunden. Carina-Maria Batz alias Carina Mononoke vom Kemptener Studio „Pain for Pleasure“ sagt: „Das Tattoo ist Solidaritätsbekundung und Zeichen unabhängig davon, welche Regeln für Organspenden es gibt.“
Optink-Tattoo soll junge Menschen auf Bedeutung von Organspende aufmerksam machen
Ungefähr 8500 Menschen sind in Deutschland aktuell auf Wartelisten für ein Spenderorgan verzeichnet. Die meisten von ihnen warten auf eine Niere, gefolgt von Leber, Herz und Lunge. Wer Organe im Fall des festgestellten Hirntods – etwa nach einem schweren Autounfall oder Schlaganfall – spenden will, kann dies per Organspende-Ausweis oder in einer Patienten-Verfügung angeben. Ist keine Entscheidung getroffen, müssen Angehörige entscheiden.
„Tattoos liegen im Trend. Das ist nun einmal so“, sagt Batz. Sie hält die bundesweite Aktion unter dem Namen „Optink“ deshalb für eine zeitgemäße Möglichkeit, Organspende vor allem unter jungen Menschen wieder zum Thema zu machen. Doch auch mit dem Motiv auf dem Körper: Ein schriftliches Einverständnis zur Organspende bleibt nötig. Diana Schulz von der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung sagt: „Grundsätzlich stellt ein Tattoo keine rechtsgültige Form der Dokumentation der Entscheidung zur Organ- und Gewebespende dar.“
Brustkorb oder Arme? So beraten Allgäuer Tätowierer zum Organspende-Tattoo
Und es gibt weitere offene Fragen. Etwa dazu, an welcher Körperstelle das Tattoo aus feinen Linien in geometrischer Form im Notfall am besten sichtbar ist. Eine Handreichung vom Verein „Junge Helden“ gibt es dazu nicht. Tattoo-Künstlerin Carina-Maria Batz rät etwa zu Brustkorb, Armen oder Beinen. „Die Frage ist auch, wie sich das bei stark tätowierten Menschen verhält.“ Unter einer Vielzahl von anderen Tätowierungen könne das kleine Motiv schnell untergehen, befürchtet sie.
Egal an welcher Stelle und auf welchem Körper: Aus Sicht des Klinikverbunds Allgäu ist ein Tattoo als Zeichen für die OrganspendeBereitschaft nicht praktikabel. Dr. Christian Schaal, Transplantationsbeauftragter am Klinikum Kempten, sagt: „Wir sehen derzeit keine Ablaufverbesserung oder sonstigen Vorteile.“ Da keine juristische Verbindlichkeit bestehe, müsse im Klinikalltag trotz allem der Wille zur Organspende mit Patientinnen und Patienten sowie deren Umfeld abgeklärt werden. „Das Tattoo könnte lediglich ein kleiner Mosaikstein und erster Hinweis auf die Bereitschaft zur Organspende einzelner Personen sein“, sagt Schaal.

Viele Interessenten für Organspende-Tattoo: Diese Allgäuer Studios machen mit
In der Bevölkerung findet die Aktion indes offenbar einigen Zuspruch. Mehr als 20 Menschen meldeten sich bei Batz und ihren Kollegen von „Pain for Pleasure“ innerhalb einer Woche. Das „Stechwerk“ in Kempten, wo Lisa Wiechmann (Künstlername: Lisa Wicked) die Teilnahme initiierte, nimmt vorerst keine weiteren Anfragen an. Dort interessierten sich bislang knapp 50 Menschen für einen kostenlosen Termin. Sie selbst sei überzeugt von der Bedeutung der Organspende, sagt Wiechmann, und auch schon im eigenen Umfeld mit dem Thema in Berührung gekommen. Sie sagt: „Trotzdem war ich überrascht, dass sich so schnell so viele Menschen bei uns gemeldet haben.“ Aktuell sorge die Aktion vor allem auf Plattformen wie Instagram für viel Aufsehen. Auch die Schauspieler Jürgen Vogel und Wilson Gonzalez Ochsenknecht unterstützen die Initiative.
Während Wiechmann etwa zwei Organspende-Tattoos pro Monat in ihrem Terminkalender unterbringen will, entschieden sich Batz und das „Pain for Pleasure“-Team für einen Sammeltermin am Samstag, 13. Mai, zwischen 14 und 18 Uhr. „Spontane Termine, bei denen wir nichts verdienen, aber Kosten haben, sind im Alltag sonst schwer umsetzbar“, sagt Batz. Immer gelte: Die Entscheidung für ein Tattoo will wohl überlegt sein. Etwa 100 Euro kostet in vielen Allgäuer Studios mit Beratung, Vorbereitung und Nachsorge mindestens. Ebenfalls Teil von „Optink“ sind „Bunteskind“ in Heimenkirch und „Gilchink“ in Kaufbeuren.
Info: Mehr Informationen zur Tattoo-Aktion „Optink“ und teilnehmenden Studios gibt es im Internet unter www.junge-helden.org
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