Von unserem Redaktionsmitglied Freddy Schissler, Bregenz - Axel Renner greift in die Schublade mit den Superlativen: Der Pressechef der Bregenzer Festspiele spricht vom größten Casting bislang, von der aufwändigsten Produktion, von choreografisch atemberaubenden Szenen. Leonard Bernsteins West Side Story ist im kommenden Jahr bei den Bregenzer Festspielen zu sehen und Zahlen drücken oft am deutlichsten Dimensionen aus: diese Produktion wird letztlich 15 Millionen Euro verschlingen, die Aufbauarbeiten auf der Seebühne dauern fünf Monate. Die Vorbereitungen für die West Side Story haben nicht erst gestern begonnen. Die beiden Hauptdarsteller beispielsweise wurden von Intendant Alfred Wopmann schon vor drei Jahren unter die Lupe genommen und für eine Verpflichtung angesprochen. Längst sind die Verträge unter Dach und Fach. Die Rolle der Maria übernimmt Katja Reich, eine junge Schweizerin; in jene des Tony schlüpft der gebürtige Berliner Christian Baumgärtl. Rund 20 weitere Musical-Darsteller sind nach dem ersten Casting in München 'heiße Kandidaten', wie Renner sagt. Ein weiteres Sichten von Bewerbern für die zahlreichen Rollen in der West Side Story steht am Wochenende in Hamburg an. Ein Quartett im Arbeitsstress: Intendant Alfred Wopmann, die Leiterin des künstlerischen Betriebsbüros, Eva Kleinitz, Choreograf Richard Wherlock und Dirigent Wayne Marshall drehen noch einige Wochen das Personalkarussell und dann müssen sie sich entscheiden und die Frage beantworten: Wer der über 1000 Bewerber bekommt einen Vertrag für zwei Spieljahre? Die Messlatte, die sie heuer in Bregenz auflegen, ist hoch. Die Leute, die auf der Bühne agieren, sollten nicht nur erstklassig singen können, sondern vor allem gute Tänzer sein, ist sich die künstlerische Führungs-Crew einig. Und so hat Richard Wherlock ein gewichtiges Wort mitzureden. Wenn der Choreograf den Daumen nach unten dreht, sinken die Chancen auf den von vielen begehrten Vertrag auf ein Minimum - selbst wenn der Darsteller mit einer brillanten Stimme auftrumpft.
Es ist ein engmaschiges Netz, das die Festspiele in Vorarlbergs Hauptstadt seit Jahren geknüpft haben, wenn es darum geht, talentierte Sängerinnen und Sänger aufzustöbern. 'In New York, Wien oder Budapest arbeiten wir mit Agenturen zusammen, die Künstler ständig beobachten', sagt Renner, und schließlich sei Alfred Wopmann das ganze Jahr über auf Achse. Der Intendant ist Dauergast in den großen Opernhäusern Europas und auch in den USA, und für seine Philosophie, in Bregenz spannende, moderne Kunst zu offerieren, nimmt er sich viel Zeit: Er setzt seit Jahren auf junge und wie er selbst sagt 'hungrige Künstler', die innerlich brennen. Die zwar noch nicht mit einer opulenten Erfahrung ausgestattet sind, die aber ein starker Wille und großer Ehrgeiz treibt. Auf altgediente Stars greift er seltener zurück. Natürlich ist das auch eine Kostenfrage, gleichwohl schwört einer wie Wopmann auf jene Politik, den Jungen auf einer imposanten Bühne eine Chance zu geben. Und er schwört auf sein gutes Näschen. Denn manche große Karriere hat tatsächlich einst auf der Bregenzer Seebühne begonnen. Wie das Bühnenbild im nächsten Jahr auf dem Bodensee aussehen wird? Axel Renner hüllt sich noch in Schweigen, verrät nur so viel: 'Es wird ein großes, spektakuläres Bild.' Einem Bernstein-Werk eben angemessen. i Vorverkauf für die Aufführungen ab 17. Juli 2003 ab sofort unter: 0043/5574/407-6. Auf Wunsch gibt es die Tickets sogar in einer Weihnachts-Geschenkbox.