Kaufbeuren (az).Nachdem der Landesverband der Heimkehrer Bayern bereits seine Auflösung zum 31. Dezember 2007 beschlossen hatte, löste sich nun der Ortsverband Kaufbeuren - eine Untergliederung mit einstmals 624 Mitgliedern - zum 31. Dezember 2006 auf. Das teilte Wilhelm Hertlein, der 45 Jahre Vereinsvorsitzender war, mit. Zum Schluss hatte der Ortsverband nur noch acht Beitragszahler.
Der Generationenschwund habe sich nach 56 aktiven Jahren des Verbandsgeschehens immer stärker bemerkbar gemacht, so Hertlein. 'Mit 17 Jahren wurden die jungen Männer eingezogen und kamen erst nach Jahren der Gefangenschaft zurück.' Die unvorstellbaren Erlebnisse hätten die Rückkehrer geprägt, die sich dann in einer neuen Umgebung zurecht finden mussten. Durch den Zusammenschluss von entlassenen Kriegsgefangenen im Jahr 1950 sollte der Neuanfang in mehreren Bereichen gefördert werden.
Hilfspakete in die Sowjetunion
Die erste Sorge galt den noch in der Sowjetunion zurückgehaltenen Kriegsgefangenen. Wer heim kam, sammelte im Kameradenkreis. Es wurden 42 Hilfspakete zu je 40 Mark geschnürt, die von dem evangelischen Gefangenenhilfswerk Bischof Heckel an Adressen in den Lagern Russlands verschickt wurden. Den Empfängern wurde damit eine reale Chance zum Überleben gegeben.
Aber auch in Kaufbeuren gab es für die Heimkehrer viel zu tun: Ab 1952 wuchs verstärkt der Wunsch nach eigenen vier Wänden. Das inzwischen ergangene Kriegsgefangenen-Entschädigungs-Gesetz ermöglichte es, einen beachtlichen Bestandteil der Baufinanzierung zu erbringen. Bedingung war aber eine beträchtliche Eigenleistung.
Ein erstes Baugebiet befand sich in der Irseer Straße im Kaufbeurer Norden. Bei der Errichtung wurde ein angestrebter Eigenleistungsanteil von 60 Prozent der Gesamtbaukosten tatsächlich erreicht. Das spornte weitere Baugruppen an. Durch die Initiative von weiteren acht Selbsthilfebaugemeinschaften wurden so in den Jahren 1953 bis 1961 insgesamt 64 Wohneinheiten fertiggestellt.
Ein weiteres großes Anliegen sei bis in die Gegenwart die jährliche Sammlung für die Deutsche Kriegsgräberfürsorge gewesen, 'damit unseren toten Kameraden eine würdige Grabstätte gegeben werden konnte.' Eine ganz besondere Bindung entwickelte sich für die Kaufbeurer zur Heimkehrer-Dankkapelle in Seeläuten bei Seeg. 'Xaver Endraß hatte ein in tiefster Not gegebenes Gelübde wahrgemacht und zum Dank für seine glückliche Heimkehr bei seinem Hof eine kleine Kapelle errichtet. 1963 bis 1964 entstand ein Kleinod, das inzwischen zu einem Wallfahrtsziel für Heimkehrer aus allen Gegenden wurde.' An nur einem Wochenende hätten vier Kaufbeurer mit mehreren Marktoberdorfer Kameraden in Gemeinschaftsleistung den Rohbau erstellt und später auch mit Sammlungen für einen Teil der Baukostendeckung aktiv beigetragen.
1964 erste Andacht in Seeläuten
1964 fand die erste Dankandacht 'unter unerwartet großer Teilnahme von Heimkehrern und auch aus der umliegenden Bevölkerung' statt. 'Auch als die Kapellenbetreuung infolge der Gebietsreform 1971/72 auf die Marktoberdorfer Kameradschaft - nun Ostallgäu - übertragen wurde, blieb es eine Selbstverständlichkeit, den Himmelfahrtstag bei der Dankandacht an unserer Kapelle zu verbringen. Auch wenn uns das Gemeinschaftsgefüge des Verbandes nicht mehr umgibt, wird uns alle Seeläuten immer wieder verbinden.'
Die Fahne des Vereins wird ans Stadtarchiv übergeben. Dort lagern auch Dokumente über die Selbsthilfebaugemeinschaften. 'Über ein halbes Jahrhundert gelebte Kameradschaft und Zusammenhalt bleiben nun ehrenvolle Erinnerung. Wofür wir immer wieder dankbar waren und sind, ist unser zweites Leben, das wir in Frieden verbringen durften.'