Startseite
Icon Pfeil nach unten
Allgäu
Icon Pfeil nach unten

Ein Netz hilft gegen den Leistenbruch

Allgäu

Ein Netz hilft gegen den Leistenbruch

    • |
    • |

    Dr. Andreas Hildebrandt erforscht ein neues Operations-Verfahren. Von Markus Bär Hindelang 'Da schiabts an Bolla', ist der häufigste Satz, den Dr. Andreas Hildebrandt, in Hindelang praktizierender Chirurg, von seinen Patienten beim Aufnahmegespräch hört. Ein Mediziner redet dabei eher von der Hernie oder dem Leistenbruch: Eine Lücke in der Bauchdecke, durch die sich dann das Bauchfell und der Darm hervorstülpt. Hildebrandt erforscht seit 1998 ein neues operatives Verfahren, bei dem ein vom Körper teilweise abbaubares 'Netz' diese Lücke schließen soll.

    'Wenn ein Leistenbruch nicht operiert wird, besteht die Gefahr, dass sich eine Darmschlinge einklemmt und es zum Verschluss des Darmes kommt', so Hildebrandt. Das kann lebensbedrohlich sein. Leistenbruch-Operationen machen laut Hildebrandt zehn bis 15 Prozent aller Operationen in Deutschland aus.

    Aus einer Laune der Natur heraus sind zu rund 90 Prozent Männer betroffen: Der Samenstrang durchkreuzt in einem bestimmten Bereich die Bauchdecke und diese Stelle kann insbesondere bei Belastung leicht nachgeben und brechen.

    Die meisten der Patienten sind älter als 55 Jahre. 'Mit zunehmendem Alter wird das Gewebe schwächer.' Bis in die 90er Jahre hinein galten die sogenannten 'Raff-Operationen' als das chirurgische Mittel der Wahl. 'Dabei wird der Bruchsack abgetragen und das Gewebe mit speziellen Nähten vernäht.' Der Nachteil: Schmerzen und sechs bis acht Wochen Schonung. 'Und zudem reißen die Nähte in fünf bis zehn Prozent der Fälle und die Lücke tut sich erneut auf.'Zu Beginn der 90er Jahre begannen immer mehr Chirurgen, ein neues OP-Verfahren anzuwenden: Dabei wird ein aus einem Kunststoff bestehendes, relativ steifes Netz zwischen die Muskulatur und das Bauchfell eingeführt.

    Endoskopische Operation

    Die OP verläuft endoskopisch: Der Operateur führt schmale stabförmige Instrumente über drei kleine Löcher in der Bauchdecke ein. Mit Hilfe moderner Lichtquellen und Videotechnik ist es dem Chirurgen möglich, in den Bauch hineinzuschauen.

    Der Operateur kann dann 'von innen' die Bruchoperation vornehmen. Die Kameraführung übernimmt in Hindelang ein stimmkontrollierter Roboterarm, wodurch für den Operateur ein ruhigeres Bild entsteht und für den Patienten eine erhöhte Sicherheit geboten wird. 'Durch diese Operationstechnik braucht der Patient sich nicht so lange zu schonen, hat weniger Schmerzen und die Rückfallquote ist deutlich geringer', so schildert Hildebrandt die Vorteile der Methode. Sportliche Aktivitäten sind schon nach 10 bis 14 Tagen ­ ohne Einschränkung ­ wieder möglich. Das Netz müsse aber während der Operation relativ steif sein: 'Sonst kann man es nicht einfügen.' Manche Patienten klagen daher nach der OP über Fremdkörpergefühl in der Leistengegend.

    Hier setzt Hildebrandts Studie an. Er arbeitet mit einem Netz, welches mit Stärke versteift wird, sodass es aus weniger Kunststoff besteht. Später wird diese Stärke wie Zucker einfach vom Körper abgebaut und es verbleibt ein spinnennetzartiges, feines und elastisches Teil zurück und die Bruchlücke bleibt dauerhaft verschlossen. Bislang hat Dr. Hildebrandt 470 Leistenbrüche mit Netzen versorgt, davon 120 mit dem neuartigen Material. Die Studie laufe derzeit noch.

    Das Zwischenergebnis: Das elastischer werdende Netz sei mit einer Rückfallquote von unter einem Prozent ebenso sicher, wie das 'normale' Netz. Die Patienten 'klagen' aber weniger über das eventuell auftretende Fremdkörpergefühl.

    Diskutieren Sie mit
    0 Kommentare
    Dieser Artikel kann nicht mehr kommentiert werden