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Ein Markt mit zwei Millionen hungriger Babys

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Ein Markt mit zwei Millionen hungriger Babys

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    Töpfer: Joint-Venture für Produktion von Kindernahrung in China ­ Mitarbeiter in Seminar vorbereitet. Von Etienne le Maire Dietmannsried/Hohhot (elm).20 Millionen Babys gibt es in China. Und alle wollen essen. Einen Fuß in diesen Riesenmarkt gestellt hat jetzt der Dietmannsrieder Babynahrungshersteller Töpfer. Beteiligte Mitarbeiter wurden in einem Seminar eigens für den Einsatz in China vorbereitet.

    Ein Jointventure mit dem Konzern Yili-Group in Hohhot (Innere Mongolei) sichert den Chinesen deutsches Knowhow für Standardprodukte. Töpfer erhält den Wissenstransfer vergütet und sieht die Möglichkeit, mit Spezialprodukten auf den chinesischen Markt zu kommen ­ und dabei die Infrastruktur eines der größten Milchverarbeiters Chinas zu nutzen. Die Yili-Group stellt mit über 20 000 Mitarbeitern ultrahocherhitzte Produkte, Milchmischgetränke, Milchpulver, Eiskrem und Convenience-Produkte her. Zudem wolle man nun Babynahrung produzieren, sagt Töpfer-Geschäftsführer Jürgen Freudenberger. Die ersten zwei Jahre soll nur unter der Marke Yili verkauft werden. Danach wolle man auch Lactana-Produkte von Töpfer vertreiben. 'Vor allem für Spezialprodukte wie Baby-Heilnahrung' sieht Töpfer-Chef Dr. Jörg Gabler Marktchancen, daneben auch Befruchtungsmöglichkeiten für die große Wellness-Produktpalette von Töpfer. China habe da eine uralte, wenn auch andere Tradition.

    Wenn ein Unternehmen ­ gerade eines mit geringem Exportanteil ­ einen neuen, großen Markt angeht, dann kommt auch für Mitarbeiter Neues dazu: Deshalb fand eigens ein Seminar statt, das Mitarbeiter auf die Eigenheiten der chinesischen Kultur vorbereitete.

    'Zum Glück', sagen Marlis Merk und Jürgen Bermanseder nach ihren Besuchen in Hohhot. Merk, Lebensmittelchemikerin und Leiterin der Produktentwicklun, stimmte mit den chinesischen Partnern die Rezepturen für die geplante Produktion von Babynahrung bei Yili ab. Molkereifachmann Bermanseder war dort, um eine Bestandsaufnahme der Anlagen zu machen. Denn Töpfer schreibt für seine Partner unter anderem Handbücher für die Qualitätssicherung.

    Nicht immer klappt alles ganz reibungslos, wenn man mit einer anderen Kultur zu tun hat: Für die erste Versuchsproduktion im neuen Werk der Yili-Group hatte man die Rezepte im Allgäu entwickelt, die Komponenten abgewogen und zusammengestellt. 'Vereinbart waren zwei Tonnen', erinnert sich Marlis Merk. Zwischendurch hätten die Chinesen mal gefragt, ob man nicht vielleicht nur eine Tonne machen könnte. 'Wir haben das als Frage verstanden, und sind halt bei zwei Tonnen geblieben.' Vor Ort stellte sich freilich heraus: Die Kapazität reichte gar nicht, um zwei Tonnen zu produzieren. 'Ein Riesenaufwand, alles zu trennen und neu zu kombinieren.'

    Technisch sei man bei den chinesischen Partnern auf recht hohem Niveau, berichtet Bermanseder ­ sowohl von der Kenntnis her als von der Ausstattung: 'Die Sprühtürme sind modern, und wenn die neue Anlagen kaufen, dann vom Feinsten', sagt Bermanseder. In vielen Arbeitsbereichen, sehe man aber, dass Personal in China wenig koste: 'Bei uns geht das Produkt direkt in die Packlinie, alle Schritte sind automatisiert und verknüpft', sagt Marlis Merk: 'In China kommt das Produkt vom Sprühturm in eine Wanne. Darin wird es, ordentlich zugedeckt, von Arbeiterinnen zur nächsten Station gebracht, dort von Kolleginnen in Beutel geschaufelt und so weiter.' Jenseits dessen, was man als Europäer in einem Lebensmittel-Betrieb gewohnt sei, sei der Umgang mit Hygienefragen, so Bermanseder.

    Beeindruckend sei die Gastfreundschaft in China, überraschend das Fehlen jeglicher Privatsphäre, sagt Merk: Die Dolmetscherinnen scheuten sich nicht, unaufgefordert ins Hotelzimmer zu kommen und zu begutachten, was denn so im Schrank hängt. Oder Tischsitten: Chinesen ziehen hoch, was sie in der Nase haben ­ dass man am Tisch schnäuzt, finden sie grässlich, erzählt Merk. Bermanseder verließ also zum Schnäuzen den Raum ­ und erntete höchstes Lob für diese Höflichkeit. Dass man auf die Gebräuche der anderen Rücksicht nehme, sei keine Einbahnstraße: 'Das merkt man bei jedem neuen Besuch, dass sich die auch auf uns einstellen', so Merk.

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