Memmingen (sdo). - Im Westernlook, in Rocker-Kluft oder ganz im Wallenstein-Stil - es gibt sie auch in Memmingen, die außergewöhnlichen Hochzeiten. Und ein Mann hat die meisten davon persönlich miterlebt. Aber nicht, weil er sämtliche Frauenherzen gebrochen hat, nein: Manfred Gröger ist Standesbeamter und seit genau 20 Jahren Leiter des Memminger Standesamts. 'Da erlebt man einiges', sagt er. 'Es gibt einige Trauungen, an die man noch lange denkt.' Und fügt schnell hinzu: 'Aber Wertung soll das jetzt keine sein.' Gröger lacht, als er sich an einzelne Details erinnert: Von den wunderschönen Bräuten und deren blauen Strumpfbändern sei natürlich jeder Standesbeamte begeistert. Auch wenn man letztere nur zu sehen bekomme, wenn der Reifrock beim ungeübten Hinsetzen hochklappt Oder: 'Wenn jemand Stammbuch und Blumenstrauß unter dem Arm hat', erzählt er und demonstriert mit einem imaginären Luft-Strauß, wie das dann aussieht, 'und dazu noch die Ringe balancieren muss, dann kann schon mal einer runterfallen'. Etwas peinlich sei es dann schon, wenn er als Standesbeamter auf Knien danach suche. Oder wenn 'die Gesellschaft mit Hüten und Silberbüchsen im Western-Outfit im Saal steht und man sich mit Anzug vollkommen deplatziert vorkommt'. Bei einer Wallenstein-Hochzeit vor zwei Jahren habe er sich hingegen noch schnell die passende Kleidung besorgt, erzählt Gröger. 'Ein schwarzes Gewand mit Kniestrümpfen und einen schönen Hut', habe er damals getragen. Bei der Rocker-Hochzeit war er dann bestimmt in passender Ledermontur gekleidet? 'Nein', wehrt der Standesbeamte lachend ab. 'Meistens erfährt man das ja erst kurz vorher.'
Buch mit Heiratswilligen Auch vor der Trauung haben die Mitarbeiter des Standesamts schon so manches erlebt: 'Bei uns haben etwa Eltern angerufen, die uns gebeten haben, die Hochzeit zu verhindern', erzählt Gröger. 'Und ein Mann aus Schwarzafrika hat bei der Anmeldung in gebrochenem Deutsch von einem Buch geredet', fügt seine Kollegin Tina Göppel hinzu. Nach einer Weile habe sie endlich verstanden, was er suchte: 'Er wollte in ein Buch schauen, in dem alle heiratswilligen Memminger Frauen aufgelistet sind', sagt sie. Diesen Wunsch konnte sie ihm nicht erfüllen.
Noch niemand 'Nein' gesagt Auch wenn man sich manchmal insgeheim frage, wie ein Paar zusammen gekommen sei und 'wie man vor der Hochzeit so lieblos miteinander umgehen kann', so Gröger, 'Nein' gesagt habe in Memmingen vor dem Standesbeamten bisher noch niemand. Einmal sei eine Braut jedoch vor der Trauung allein mit ihrer Trauzeugin dagestanden. Nach ein paar Wochen hat sich dann aber doch noch der Ehemann mit ihr zum Standesamt getraut. Und Gröger durfte ein weiteres seiner über 2000 Paare trauen.