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Ein Job als TÜV für Taiwan

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Ein Job als TÜV für Taiwan

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    Der Oberstdorfer Christian Matthies hat als Qualitäts-Manager in Fernost Fuß gefasst Von Peter Schwarz Oberstdorf/Taipeh (Taiwan). Wenn Christian Matthies gelegentlich zurückkehrt in seine alte Heimat, genießt er die ländliche Betulichkeit des Allgäus. Im Sommer etwa geht er im Freibergsee schwimmen. Der bald 38-jährige Diplom-Ingenieur führt in Taiwan, wohin es ihn beruflich verschlagen hat und wo sein Lebensmittelpunkt noch für Jahrzehnte sein soll, ein eher unstetes Leben in der Hektik einer Sieben-Millionen-Stadt. Als Chef von zwölf Leuten sorgt er dafür, dass aus Taiwan exportierte Elektronikware qualitätsmäßig einwandfrei die Kunden in Europa oder Amerika erreicht. Die Eltern, die in Oberstdorf seit bald 80 Jahren ein Fotogeschäft führten, waren schockiert, als der Sohn nach Gymnasium, Abitur und Fachhochschul-Studium der Feinwerktechnik (eine Mischung aus Elektronik und Mechanik) 1995 einen Job gleich in Fern-ost antrat. Das Augsburger Unternehmen Asig, das im Qualitäts-Dienstleistungssektor tätig ist, beorderte Matthies ins frühere Formosa, das die Festlands-Chinesen gern ihrer Volksrepublik einverleiben würden. Schon in seiner Studentenzeit hätten ihn andere Kulturkreise fasziniert, erzählt der gerade auf Heimaturlaub befindliche Managing Director dem Reporter, warum er gleich einen solch weiten Sprung gewagt hat. Am Anfang verstand der Oberallgäuer indes nicht einen Brocken Chinesisch. Er wusste auch die fremdartigen Schriftzeichen nicht zu deuten. Gerade mal das Essen mit Stäbchen gelang ihm auf Anhieb. Aus Überlebens-Instinkt, lacht Christian Matthies, dem die gesunde Küche mit reichlich Sea-Food, also Meeresfrüchten, und rohem Fisch heute besonders mundet.

    Doch mit seinem Englisch kam die Langnase, wie die Chinesen Europäer zu bezeichnen pflegen, im stark industrialisierten Norden Taiwans ganz gut klar. Und mittlerweile hat ihm seine vor zwei Jahren angetraute Ehefrau Hwang Sheau-fen genügend Landeskenntnisse beigebracht. So stellt das den Ehemann in der gemeinsam verbrachten Freizeit beispielsweise bei abendlichem Großstadt-Shopping und nachfolgendem Barbecue in den unzähligen Garküchen nicht mehr vor Probleme. Die ersten paar Jahre hat der Qualitäts-Kontrolleur noch selbst im Labor Fernseher, DVD-Player und Computer aufgeschraubt, um Schwachstellen der asiatischen Export-Produktion festzustellen und um den Ausschuss-Ausstoß stoppen zu können. Mittlerweile wacht der Niederlassungs-Chef eher über dem großen Ganzen, nachdem sich diese Art TÜV für Taiwan zu einer auch von den Elektronik-Produzenten nicht mehr argwöhnisch betrachteten Wachstums-Branche entwickelte. Noch sind den Fernost-Herstellern Schnelligkeit und preiswerte Produktion wichtiger als Qualitäts-Maßstäbe wie bei uns, rechtfertigt der gebürtige Oberstdorfer seine nach wie vor nötige Überzeugsarbeit auf der subtropischen, mit feucht-warmem Klima versehenen Insel. Satt-grün wie im Allgäu ist es in dem Vorort der Hauptstadt Taipeh, wo das Ehepaar zur Miete wohnt. Seine Wanderleidenschaft hat sich Matthies indes auch Tausende Kilometer von daheim entfernt bewahrt. Nur muss man selbst bei touristisch halbwegs erschlossenen Dschungelpfaden immer auf der Hut vor Giftschlangen sein. Zum Verschnaufen ins Allgäu In Taiwan herrscht eine nie enden wollende Betriebsamkeit und Hektik, begründet der Auswanderer, warum es ihn immer wieder mal zum Verschnaufen ins ruhige Allgäu zieht, inklusive Ehefrau und Schwiegermutter. Hier muss sich dann der entfremdete Allgäuer, freilich höchst selten, auch am Riemen reißen. Denn eher im Unterbewusstsein hat er etwas von dem insel-chinesischen Auto-Fahrstil übernommen. Christian Matthies: Irgendwie gibt es in Taiwan keine Verkehrsregeln. Je größer das Auto, desto mehr Rechte.

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