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Ein Brummbär mit Glocke, Rute und schwerem Sack

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Ein Brummbär mit Glocke, Rute und schwerem Sack

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    Als Knecht Ruprecht mit dem Nikolaus auf Tour - Derbe Erscheinung sorgt nicht immer für Respekt Ganz schön ins Schwitzen gerate Von Miriam Oeing Ofterschwang/Oberallgäu. Knecht Ruprecht gehört zum Nikolaus wie das Lametta zum Weihnachtsbaum. Egal, wo der weißbärtige heilige Mann sich aufhält -sein derber Gehilfe, der Rumpelklaus, muss immer mit dabei sein. Wases bedeutet, als Helfer den Nikolaus auf seiner Tour durch dassüdliche Oberallgäu zu begleiten, durfte unsere Mitarbeiterin Miriam Oeing erleben: sie streifte für einen Tag das zottelige Gewand von Knecht Ruprecht über, ging mit auf Hausbesuche und kam trotz derwinterlichen Temperaturen ganz schön ins Schwitzen. Ich schlüpfe in den (Kunstfell-)Mantel, betrachte skeptisch mein Gegenüber im Spiegel und erblicke darin eine teddy-ähnliche Gestalt. So, und jetzt die Glocke!, tönt es aus dem Hintergrund, und einkiloschweres Geläut wird mir um die Taille geschnallt -allerdings soeng, dass ich kaum noch Luft kriege. Zur Krönung meines Mummenschanzeswird mir nun auch noch eine Fellkappe über den Kopf gestülpt, dielediglich mit zwei Augenschlitzen ausgestattet ist. Seltsamer Geruch in der Maske Halbblind, von der Glocke gen Boden gezogen und vom seltsamen Geruchin der Klausen-Maske benebelt, tapse ich umher und übe das bedrohliche Brummen eines Krampus, wie der Geselle ja auch im Bayerischen genanntwird. Der Nikolaus redet eindringlich auf mich ein, dass ich die Kinder ja nicht verprügeln soll. Du läutest ein wenig mit der Glocke,fuchtelst mit der Rute herum und brummst an den passenden Stellen,lautet mein Auftrag. Also nicht den finsteren Gesellen geben, bei dessen bloßem Anblickalle Kinder bereits angsterfüllt das Weite suchen? Wohl nicht. Pädagogisch gesehen ist es sowieso sinnvoller, nur als bimmelnder Brummbär aufzutreten anstatt und Schrecken und Panik zu verbreiten. Schon im ersten Haus, das Nikolaus und Knecht Ruprecht besuchen, werdeich auf eine harte Probe gestellt: der Sack mit den Geschenken für dielieben Kleinen wiegt meiner Einschätzung nach ungefähr eine Tonne,soll aber dennoch von mir dutzende von Stufen hinaufgeschleppt werden. Völlig entkräftet erreiche ich die Wohnung und werde mit einemmotivierenden Da habt s ihr aber an schwachen Klaus mitbrachtbegrüßt. Müsste ich nicht den blöden Sack festhalten, würde ich jetztmeine Rute zücken und tun, was ein Rumpelklaus doch tun sollte Ungefähr eine Tonne schwer Im Wohnzimmer entledige ich mich meiner schweren Last und lasse die Glocke erklingen - brüllend verschanzt sich eines der Kinder unter dem Tisch. Na toll, und jetzt? Ich hoffe, das arme Kind, wird nicht aufimmer und ewig traumatisiert bleiben. Während ich mich noch mit meinemschlechten Gewissen herumplage, lobt der Nikolaus überwiegend die Jungen und Mädchen. Anweisungsgemäß läute und brumme ich nur bei einem Tadel und muss mit ansehen, wie die Kinder den Tränen nahe Besserunggeloben.

    Jetzt weiß ich, warum Knecht Ruprecht nicht schlagen soll. Die derbe Erscheinung genügt auch so. Sobald jedoch die Geschenkeverteilt werden, haben sich die meisten Kinder wieder beruhigt undfreuen sich sogar. Auf zur nächsten Adresse Auf gehts zur nächsten Adresse. Gott sei Dank ist der Sack nicht mehrso schwer. Trotzdem schwitze ich grässlich unter meiner Maske. Unauffällig hebe ich sie etwas an und genieße für einige Sekundenfrischen Sauerstoff. Die Worte und du ärgerst immer deinenkleinen Bruder, darf man das? reißen mich wieder aus meiner Verschnaufpause. Schnell erhebe ich die eingeübte tiefe Stimme undläute. Der Kleine zuckt zusammen und verspricht sofort, seinen Brudernie wieder zu ärgern. Ich denke, sobald wir ihm den Rücken gekehrthaben, vergisst er alle guten Vorsätze und piesackt sein Geschwisterchen bis zu unserem nächsten Besuch im Jahr 2000. Der Steppke in der nächsten Familie scheint jeglichen Respekt vor dem Bischof von Myra und dessen Helfershelfer verloren zu haben. Findetder doch, dass Knecht Ruprecht lustig ausschaut. Diese Häme schreitnach Rache, so knurre ich extra böse, bimmele, was das Zeug hält undlasse mich sogar zu dem strengen Verweis Das geht aber nicht!hinreißen. Hähä, Ziel erreicht! Der Bursche weiß nun, dass ich garnicht lustig gestimmt bin. Nach einigen weiteren Hausbesuchen, furchtsamen Kindern und wahren Geschenk-Orgien bin ich endlich erlöst. Ich darf die unliebsame grobe Kluft ausziehen. Besonders das Abschnallen der Glocke freut mich, kannich doch nun wieder frei atmen. Und die Luft, wie klar und sauber sieso ganz ohne Maske ist. Mein Resümee in der Rolle des Knechts Ruprechtfür einen Nachmittag und einen Abend: eine ganz neue Erfahrun

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