92 Kilogramm Gewicht, verteilt auf 1,86 Meter Größe: Helge Pyka sieht so aus, wie man sich gemeinhin einen Eishockeyspieler vorstellt. "Seinen Körper setzt er nahezu perfekt ein", lautete jüngst und ziemlich zutreffend eine Beurteilung im Internet-Forum des ECDC Memmingen. Die Fans feierten ihn nach seinem letzten Saisonspiel mit Sprechchören. Jetzt hört er auf. Mit dem 42-Jährigen tritt eine lebende Eishockey-Legende ab, ein Urgestein, das in Memmingen viele Höhen und Tiefen dieser Sportart miterlebt hat. Unser Redaktionsmitglied Markus Brändle hat sich mit dem gebürtigen Bremerhavener unterhalten:
Herr Pyka, was waren die Höhepunkte Ihrer Memminger Eishockey-Karriere?
Helge Pyka: Jeweils immer die Aufstiege: der Aufstieg mit dem SC Memmingen in die Zweite Liga, auch die Aufstiege mit dem EHC und mit dem ECDC.
Gibt es Gegenspieler, die Sie besonders unangenehm in Erinnerung haben?
Pyka: Mancher, der auf dem Eis ein Fiesling war, entpuppte sich hinterher privat als ganz ordentlicher Kerl. Stephane Thivierge etwa, zeitweise geradezu ein Symbol für Hass-Eishockey, der später ja auch noch für Memmingen gespielt hat. Halt, einer war doch sehr unangenehm: der Berliner Frank Kannewurf hat mir noch zu meiner Ulmer Zeit mal das Nasenbein gebrochen.
Wie sehen Sie die Zukunft des Memminger Eishockeys angesichts der finanziell angespannten Lage?
Pyka: Die Zukunft des Eishockeys, speziell auch des Memminger, ist in wirtschaftlich schwierigen Zeiten schwer absehbar. Eishockey ist und bleibt eine kostenintensive Sportart, die allein durch Zuschauer nicht zu finanzieren ist. Man muss bedenken, dass mit Einnahmen aus dem Spielbetrieb der ersten Mannschaft auch der Nachwuchs mitfinanziert wird, um die Beiträge für die Eltern so gering wie möglich zu halten.
Wie beurteilen Sie die Fans, den Eishockey-Anhang am Hühnerberg?
Pyka: Wir haben in Memmingen mit die besten Fans der Liga, die uns auch in sportlich schlechteren Zeiten immer unterstützt haben. Natürlich schwanken die Zuschauerzahlen in Abhängigkeit vom Gegner, weshalb man die gesamte Ligenstruktur über alle Verbände neu überdenken sollte. Eishockey ist eine Regionalsportart und die Fans wollen Derbys sehen.Das wäre auch für viele Sponsoren interessanter.
Was haben Sie empfunden, als der Anhang Sie nach Ihrem letzten Spiel in der Halle mit Sprechchören gefeiert hat?
Pyka: Es war berauschend und ich habe es selbstverständlich genossen. Man fragt sich aber auch, ob es das wirklich jetzt war?
Der Hallensprecher hat Sie sogar als "Memminger Eishockey-Gott" bezeichnet. Was sagen Sie dazu?
Pyka: Das war natürlich maßlos übertrieben. Wenn man aber so tituliert wird, dann zeigt es, wie sehr meine Leistung respektiert wurde.
Was waren die wichtigsten Stationen Ihrer Eishockey-Laufbahn?
Pyka: Meine wichtigste Station war natürlich der Wechsel 1989 von Bremerhaven nach Memmingen. Entscheidend für meinen weiteren Werdegang war dann in den Jahren 92/93 die Wandlung vom Stürmer zum Verteidiger auf Veranlassung des damaligen Trainers Gerd Wittmann. 1994 wechselte ich auf Grund des Konkurses nach Ulm und verbrachte dort eine wunderbare Zeit mit vielen Erfolgen. Im Dezember ´99 ging ich dann zum EHC Memmingen und wir stiegen noch in der selben Saison in die Regionalliga auf.
2002 musste ich dann den Verein verlassen und wechselte für zwei Jahre zum damaligen Staatsfeind Nummer 1, zur EA Kempten. Das haben mir damals einige Fans ganz schön übel genommen. Aber Schwamm drüber, ich wollte nur Eishockey spielen.
Sie waren einmal eine Zeitlang Jugendleiter beim ECDC. Wieso haben Sie das aufgehört und könnten Sie sich vorstellen, wieder mal im Nachwuchsbereich zu arbeiten?
Pyka: Trotz zahlreicher helfender Hände war die Belastung mit Familie, Beruf und Selberspielen einfach zu groß. Diese Position muss von Menschen belegt werden, die die Eishalle ihr zweites Zuhause nennen können. Als Spieler und Familienvater, dessen Tochter mit dem Eishockey nichts am Hut hat, war das nicht möglich. Ob ich jemals wieder im Nachwuchs arbeiten werde, lass ich jetzt mal offen.
Jetzt möchte ich erst mal richtig schön Pause machen, ein Jahr lang Abstand gewinnen.
Mit wem haben Sie besonders gern zusammengespielt?
Pyka: Wenn ich anfangen würde, Namen zu nennen, dann müssten wir fast ein Buch schreiben. Aber um nur einige zu nennen: die Gebrüder Lowden, Reiner Meisinger und Markus Gemeinder zu SC-Zeiten, Joe Hayse, Erwin Masek, Rainer Gück, Maurizio Vacca, Claus Hartmann, Andreas Weißenborn zu Ulmer Zeiten, meine ständigen Wegbegleiter beim EHC Martin Löhle, Ingo Nieder, Florian Warkus, Ralf Weinl, Daniel Trunzer und Thomas Götzmann, bei der EA Kempten waren es Markus Keintzel, Andreas Becherer, Peter Schmid und Max Holzmann und zu ECDC-Zeiten Andreas Börner, Armin Ullmann, Jim Nagle, Waldemar Dietrich und viele, viele mehr.
Welche Perspektive geben Sie dem Eishockey in Memmingen?
Pyka: Ich wünsche dem Verein, der Mannschaft und den Fans weitere tolle und erfolgreiche Jahre. Eine Teilnahme an der Oberliga, solange diese nicht regional ausgetragen wird, kann ich nicht gutheißen. Selbst wenn sich ein Sponsor finden würde, wäre spätestens dann wieder alles zu Ende, wenn dieser Sponsor sein Interesse verliert. Und wenn dann noch der FCM eine Klasse höher spielt, werden dem Eishockey bestimmt der eine oder andere Zuschauer den Rücken kehren. Mein größter Wunsch wäre aber, mein Trikot neben dem von Peter Lowden unter dem Hallendach zu sehen. Und wenn das Trikot nur ein bemaltes Holzbrett wäre. Hier macht aber angeblich die Stadt Memmingen aus mir unbekannten Gründen nicht mit.
Und ein Letztes: Mit Stolz darf ich auf 36 Jahre Eishockey zurückblicken, davon 21 in Bayern.