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Ein aufrechter Einsamer im wilden Wald

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Ein aufrechter Einsamer im wilden Wald

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    Von Rosemarie Schwesinger Immenstadt Es war politisch wie wohl auch persönlich für Arthur Maximilian Miller eine schwierige Zeit (1924 bis 1938), die der schwäbische Dichter als Volksschullehrer in Immenstadt verbrachte. Diesen Eindruck vertiefte eine Lesung von überwiegend schwerblütigen Texten durch seinen langjährigen Weggefährten, den Mindelheimer Kunstmaler und ehemaligen Kunsterzieher Erwin Holzbaur, die jetzt in der Hofmühle im Rahmen der Literaturlandschaften Bayerns 2004 für Anspannung und Betroffenheit sorgte. Holzbaur von Immenstadts Kulturreferenten Harald Dreher zu Recht als charismatischer Interpret der Texte von Miller gepriesen hatte aus dem umfangreichen Werk des Dichters dessen in Immenstadt gezeichnete literarische Spuren herausgefiltert. Und die schienen geprägt von Heimweh, Zukunftsängsten und dem Hinterfragen der Menschheitsgeschichte. Nicht von ungefähr entstand während dieser Immenstädter Zeit, genauer anno 1931, der Roman Das Jahr der Reife, der (laut Holzbaur) im Abstand der Zeit noch lesenswerter sei. Vor realem Hintergrund erzählt Miller dort in seiner schönen Sprache die Geschichte eines jungen Lehrers, eines aufrechten, einsamen, tapferen Menschen, der sich nie ergab, den es in eine düstere und gottverlassene Gegend inmitten wilder, schwerer, dunkelblauer Wälder verschlägt. Erwin Holzbaur bot dieses schwermütige Epos in nuancierter Sprache und beredter Gestik dar und wurde dabei sensitiv instrumental begleitet von fünf jungen Streichern der Immenstädter Musikschule, die überhaupt den zuweilen bleischweren Tenor dieses Abends durch bezaubernde Klangtupfer erhellten.

    Für ein paar lichte, heitere Effekte sorgte auch ein kleiner Blumenstrauß schwäbischer Gedichte, den Holzbaur aus dem reichen Fundus der Millerschen Feder flocht. Da erfuhr man im trefflichen mundartlichen Versmaß beispielsweise, wie es einem jungen Bauernburschen erging, dem die Gefühle Tag und Nacht keine Ruhe lassen oder durfte Hansels tiefschürfendem nächtlichen Ehegespräch oder den Erbschleichern am Sterbebett einer listigen Großmutter lauschen. Ein wenig zu lang geriet dagegen die Lesung aus Millers sorgfältig recherchiertem und akribisch aufgelisteten Roman Herr Jörg von Frundsberg, der die Historie des Bauernaufstands im 16. Jahrhundert thematisierte. Nach dieser Fülle von Daten, Fakten und Charakteren hätten sich wohl die meisten Zuhörer eine kleine Verschnaufpause gewünscht. Aber der unermüdlich eloquente Erwin Holzbaur wollte den Faden ohne emotionale Unterbrechung weiterspinnen und setzte mit Millers, zwischen 1924 und 1930 in Immenstadt geschaffenem Oratorium Der jüngste Tag noch eine weitere apokalyptische - Facette in diesen schwerblütigen Reigen. Mit dem Künder, dem letzten Menschen, der letzten Träne aus einem Menschenauge, dem Chor der Winde, sowie einem ersterbenden Tod, dem der Chor der guten und bösen Geister das Geleit geben, artikulierte Miller die christliche Botschaft. Ein schwerer Brocken, den das angespannte Publikum da just zum Maien-Auftakt zu schlucken bekam und (auf ausdrücklichen Wunsch des hervorragenden Interpreten Erwin Holzbaur) ohne Applaus quittierte. Den verdienten Beifall spenden durfte man dagegen den bravourösen Musikanten.

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