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Dr. Professor Giovanni Maio fordert in der Hochgrat-Klinik in Wolfsried mehr Humanismus in der Medizin

Tagung

Dr. Professor Giovanni Maio fordert in der Hochgrat-Klinik in Wolfsried mehr Humanismus in der Medizin

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    Der angehende Mediziner hat die Untersuchung des Herzens abgeschlossen. Detailgenau kann er dem Chefarzt den Verlauf und das Ergebnis schildern. Aber die Nachfrage, ob der Patient weiblich oder männlich war, kann er nicht beantworten.

    Diese Szene, geschildert von einem Teilnehmer der Jahrestagung der Dr.-Reisach-Akademie in der Hochgrat-Klinik in Stiefenhofen, skizzierte genau das, was zuvor Professor Giovanni Maio in seinem Vortrag beklagt hatte:

    Dass nämlich der Arzt in der heutigen Zeit nur noch 'zum Messen und Reparieren' da ist. 'Wo aber bleibt der Mensch, wo bleibt das Verstehen?', fragte Maio.

    'Ethik in der Medizin – steht der Mensch noch im Mittelpunkt unseres Handels?' Diese Fragestellung im Vortragstitel hatte Maio damit binnen Minuten beantwortet.

    Geradezu 'unheilvoll' sei die Allianz zwischen Naturwissenschaft, Technik und Ökonomie. Gutes Management habe den Humanismus verdrängt. Dabei müsse Ausgangspunkt jeder Behandlung 'die Zuwendung auf einen einzigartigen Menschen und seine Gefühlswelt' sein.

    Der Freiburger Universitätsprofessor Maio ist Herausgeber des Standard-Lehrbuchs 'Ethik in der Medizin'. Dabei übte er bei seinem Vortrag in Stiefenhofen vor rund 80 Ärzten und 50 Patienten weniger Kritik an den Medizinern als vielmehr am System.

    Aus einer 'Rechenschaftspflicht den Krankenkassen gegenüber' werde nur noch standardisiert behandelt. So aber werde aus dem Dienst am Menschen eine 'Personaldienstleistung nach Vorschrift'.

    Nicht zufällig werde der Arzt von den Krankenkassen nicht mehr als solcher bezeichnet, sondern als 'Leistungserbringer', so der Referent.

    Der Patient sei aber kein Kunde, kein Konsument, sondern ein hilfsbedürftiger Mensch, der andere Menschen brauche, die ihn ernst nehmen und ihm helfen.

    Basis für den Mediziner müsse die Motivation sein, anderen helfen zu wollen.

    Und so forderte Maio von den Medizinern 'Verstehen statt bloßer Objektivität'. Das reiche in alle Felder der Medizin. Auch der Chirurg müsse sich fragen, ob ein Eingriff für den einzelnen Patienten richtig war oder ist.

    Mit einem reinen Messen von Werten lasse sich der Mensch nicht erfassen. Der Arzt müsse Gespür, Erfahrung und Ahnung in die Behandlung einbringen.

    Für Patienten da sein

    Die aktuelle Situation habe beim Patienten einen Anspruch auf Heilung entstehen lassen, weil Machbarkeit und Lösbarkeit suggeriert werden. Vielmehr müsse der Patient auch dankbar sein für die 'kleinen positiven Dinge in der Krise'.

    Medizin sieht Maio als 'gesamtheitliche Lebensstütze'. Im Kranksein müsse der Mensch erfahren, dass er nicht allein ist.

    'Nicht das Resultat macht Medizin sinnvoll, sondern das Dasein für den Patienten', ist Maio überzeugt, der für seine Ausführungen großen Applaus erntete. In der anschließenden Diskussion gab es für seine Worte viel Zustimmung.

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