Heute vor 60 Jahren, am 23. März 1951, starb Dr. Otto Merkt. In der Reihe der Kemptener Oberbürgermeister nimmt er einebesondere Rolle ein. Er legte die Basis für die Entwicklung der Stadt, auf der seine Nachfolger aufbauen konnten. Zudem galt Merkt als ein Original bayerisch-schwäbischer Zeitgeschichte.
Otto Merkt wurde am 26. Juli 1877 als Sohn des Bezirkstierarztes Ferdinand Merkt und seiner Frau Emma in der Kemptener Salzstraße geboren. 1896 legte er am humanistischen Gymnasium sein Abitur ab, studierte Jura, Verwaltungs-, Sozial- und Wirtschaftswissenschaften in München, Berlin und Erlangen, wurde 1909 rechtskundiger Magistratsrat und 1914 zweiter Bürgermeister von München.
Nach Kriegseinsatz und drei Verwundungen trat er 1919 als Bürgermeister Kemptens die Nachfolge Adolf Horchlers an. Ziel seiner Kommunalpolitik war, Kempten zur Hauptstadt des Allgäus zu formen. "Mit der schier unglaublichen Fülle seiner Impulse und Aktivitäten wurde Merkt tatsächlich zum Gestalter Kemptens als Allgäu-Metropole", urteilt heute Stadtarchivar Dr.Franz-Rasso Böck.
Mit seiner Grundstückspolitik sicherte er der Stadt einen Bodenvorrat und versuchte wiederholt die Stadt zu vergrößern. So wurde mit der Eingemeindung des südlichen Teils der Gemeinde Sankt Lorenz (Eich/Steufzgen) 1935 die Kreisfreiheit Kemptens begründet.
Merkt rief die "Gemeinnützige Baugenossenschaft" ins Leben und gründete mit Karl Böhm das "Allgäuer Überlandwerk" (AÜW). Er baute die Stadt- und Kreissparkasse zu einem zeitgemäßen Geldinstitut aus. Er legte Wert auf die Ansiedlung von Einrichtungen der Milchwirtschaft: Butter- und Käsebörse, Haus der Milchwirtschaft, Allgäuer Tierzuchthalle, Herdebuchgesellschaft und Spitalhof.
Geburtsstunde der Heimatpflege
Als Heimatforscher kümmerte er sich um Allgäuer Heimatmuseum, Stadtarchiv und Stadtbibliothek. Außerdem sorgte Merkt 1929 dafür, dass der schwäbische Kreistag einen hauptamtlichen Heimatpfleger genehmigte. "Dies war die Geburtsstunde der institutionalisierten Heimatpflege für Schwaben, Bayern und Deutschland", so Böck heute.
Merkt finanzierte aus eigener Tasche mehr als 2000 "Täfele" an Häusern und Gedenksteinen, engagierte sich in der Altkatholischen Gemeinde (aus seinem Erbe wurde 1993 die Kirche Maria von Magdala errichtet) und der Akademischen Ferienvereinigung "Algovia".
In den Notzeiten nach 1918 gab Merkt die Anweisung, bei Vollmond die Straßenlaternen auszuschalten. Er war Schöpfer einer Katzensteuer und sogar der "Hockersteuer", die über nächtliche Zecher verhängt wurde: Je länger jemand sitzen blieb, umso mehr musste er bezahlen.
Merkt hatte sich immer als Hüter seiner Stadt Kempten verstanden. Mehrmals wurde er verhaftet. 1919 vom revolutionären Arbeiter- und Soldatenrat, 1933 von den Nazis, weil er sich weigerte, die Hakenkreuzfahne auf dem Rathaus zu hissen. 1942 musste er seinen Sessel im Rathaus räumen, weil er gegen die Deportation älterer Kemptener Juden protestiert hatte.
An seinem Grab im Hölzlestobel legt die Stadt Kempten, heute Mittwoch, einen Kranz nieder.
In dieser Zeichnung hielt Andor Ákos die vielfältigen Ideen seines Freundes Dr.Otto Merkt fest.