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Dr. Michael Schmeißer aus Kempten sucht Ursachen von Krankheiten wie Autismus

Forschung

Dr. Michael Schmeißer aus Kempten sucht Ursachen von Krankheiten wie Autismus

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    Dr. Michael Schmeißer aus Kempten sucht Ursachen von Krankheiten wie Autismus
    Dr. Michael Schmeißer aus Kempten sucht Ursachen von Krankheiten wie Autismus Foto: Ralf Lienert

    Dieser Mann hat sich Großes vorgenommen: Geheimnisse des menschlichen Gehirns zu entschlüsseln, ist seine Mission. Er beschäftigt sich mit (Fehl-)Reaktionen zwischen den Abermillionen Nervenzellen. Seine Forschungen am Ulmer Institut für Anatomie und Zellbiologie wurden kürzlich im renommierten Wissenschafts-Magazin 'Nature' gewürdigt.

    Der aus Kempten stammende Mediziner Dr. Michael Schmeißer ist überzeugt: "Entwicklungsstörungen des Gehirns wie etwa Autismus werden auf kurz oder lang effektiver therapierbar sein." In einem 'Maus-Modell' ist es in Ulm gelungen, durch gezielte Genmanipulation soziale Verhaltensstörungen und stereotype Zwangshandlungen, wie sie bei Autismus-Patienten häufig vorkommen, hervorzurufen. '

    Das Erbmaterial der Labornager stimmt ungefähr zu 90 Prozent mit dem des Menschen überein', erläutert der 29 Jahre alte Wissenschaftler. Deswegen ließen sich gewisse Parallelen ableiten.

    Französische Forscher des Pasteur-Instituts waren bei ihren Untersuchungen von hunderten Autismus-Patienten auf spezielle Mutationen in deren Genen gestoßen. Die Erregung von Synapsen – also der Übertragungsstellen von Nervenzelle zu Nervenzelle – ist dadurch gestört.

    Der Ulmer Anatom und Synapsenforscher Professor Tobias Böckers, Schmeißers Doktorvater, entdeckte die betroffenen Gene bereits vor gut zehn Jahren und arbeitet seit der Verbindung zum Autismus eng mit den französischen Kollegen zusammen. Letztlich charakterisierten die Experten in Ulm die Funktion dieser Gene und ihrer Genprodukte im Gehirn der Mäuse.

    'Faszinierend ist, wie ein Ungleichgewicht der Synapsen allein dadurch entstehen kann, wenn eines von tausenden Genen ausgeschaltet ist', sagt Schmeißer. Sind dadurch entsprechende Schaltkreise zwischen einzelnen Hirnregionen gestört, können Erkrankungen auftreten wie Autismus, Schizophrenie oder das Aufmerksamkeits-Defizit-Syndrom.

    Im Tierversuch sei es bereits gelungen, defekte Gene quasi wieder anzuknipsen: 'Nach wenigen Tagen sind die Synapsen im Gleichgewicht und eine erwachsene, vorher verhaltensgestörte Maus, verhält sich wieder völlig normal.'

    In weltweiten Netzwerken diskutiert Schmeißer die Ergebnisse mit Kapazitäten verschiedener Institute. Während seiner Ausbildung zum Arzt knüpfte er Kontakte beispielsweise in den USA, der Schweiz und Schottland. Weil ihn die Naturwissenschaften so fesseln, stellt er derzeit nach einem Aufbaustudium seine zweite Promotion fertig zum Dr. rer. nat.

    Vielseitig interessiert war der Allgäuer schon immer: Fechten und Tennis sind die Sportarten, die er vor seinem Abi am Carl-von-Linde-Gymnasium pflegte. Auch während des Studiums blieb er der 'Gemeinde im Grünen' in Dietmannsried treu und spielte die Kirchenorgel zu den evangelischen Gottesdiensten. Über Kinofilme kann man sich mit ihm genauso unterhalten wie über Rockmusik, Reisen oder die Spiele des FC Bayern.

    Das Wichtigste ist ihm aber die Forschung: 'Ich finde es phantastisch, vielleicht Puzzle-Teile zu finden, die durchaus zeitnah helfen könnten, effektivere Behandlungsansätze für chronische und momentan als kaum therapierbar geltende Krankheiten des Gehirns zu entwickeln.' Die medizinische Seite seiner Arbeit spiele nach wie vor eine wichtige Rolle. Für seine Leistungen hat Schmeißer bereits etliche Preise und Stipendien erhalten.

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