Die h-Moll-Messe von Johann Sebastian Bach hat Dirigent Helmuth Rilling am Sonntag mit dem Bach-Collegium und der Gächinger Kantorei Stuttgart beim Ottobeurer Konzert aufgeführt. Damit gab der 79-Jährige nach zwölf Auftritten seinen Abschied in der Basilika. Vor der Probe sprach unsere Mitarbeiterin Anne-Marie Lange mit ihm.
Herr Professor Rilling, Sie dirigieren heute zum letzten Mal in Ottobeuren.
Rilling: Für mich ist das eine große Freude. Wehmut ist überhaupt nicht dabei. Der Chor, das Orchester, die Solisten und vor allem ich selbst – wir lieben diese Kirche, wir lieben diese einzigartige Atmosphäre bei den Konzerten in diesem herrlichen Raum. Wir lieben auch das Publikum: zum ersten Mal war ich 1982 da, also genau vor dreißig Jahren.
Sie gelten als Bach-Botschafter in der ganzen Welt.
Rilling: Bach ist der zentrale Komponist meines Lebens immer gewesen. Er ist das Rückgrat meiner Arbeit. Ich habe auch sehr viel anderes gemacht, viel zeitgenössische Musik, aber immer wieder komme ich zu Bach zurück. Er ist ein wunderbarer Musiker, sein Zentrum ist die Kirchenmusik.
Er hat mit seinem Werk unendlich viel zum christlichen Glauben ausgesagt, deswegen nennt man ihn zu Recht den fünften Evangelisten.
Bach arbeitete im protestantischen Kirchendienst. Legte er mit der h-Moll Messe ein musikalisches Bekenntnis zur römisch-katholischen Kirche ab?
Rilling: Ich denke, dass die Messe für beide Religionsrichtungen denselben Stellenwert hat. Das ist ein zentraler Text des christlichen Glaubens, hier darf man nicht fragen 'katholisch oder evangelisch'.
Kann eine solche Messe den Glauben bestärken?
Rilling: Eine Messe ist immer eine Bestärkung des Glaubens – und die Messen von Bach besonders.
Dirigieren, koordinieren motivieren – und das in der ganzen Welt: Wo holen Sie Ihre Energie und Kraft her?
Rilling: Meine Energie verdanke ich einerseits einer guten und stabilen Gesundheit. Dafür bin ich wirklich sehr dankbar. Andererseits gibt einem die Musik ihre Energie zurück. Ich freue mich darauf, das heute in Ottobeuren wieder zu erfahren.
Im Mai 2013 begehen Sie Ihren 80. Geburtstag. Es gab Streit in Stuttgart und Sie haben ganz spontan 'abgedankt'. Ist Ihr Lebenswerk dadurch beschädigt?
Rilling: Nein, überhaupt nicht. Ich freue mich, dass ich die Arbeit mit unserer wunderbaren Bach-Akademie in Stuttgart aufbauen konnte. Sie ist heute eine weltweit anerkannte Organisation – und das wird sie auch bleiben.