Bill Ramsey? Das ist doch der mit der Zuckerpuppe aus der Bauchtanzgruppe. Auch Ramsey selbst weiß, dass er in erster Linie mit diesem Lied in Verbindung gebracht wird und kokettiert bei seinem Auftritt im bestens gefüllten Kemptener Kornhaus gekonnt damit. "Jetzt kommt ein Lied mit einer heißen Puppe", kündigt er bereits sein zweites Stück an. Ein Raunen geht durchs Publikum. Er wird doch nicht? Nein, denn Ramsey stimmt natürlich nicht den Schlager von der "Zuckerpuppe" an, sondern gibt "Satin Doll" von Duke Ellington. Damit scheint der Bann gebrochen. Und Ramsey konzentriert sich fortan auf Jazz und Blues.
Dabei bedient er sich meist bei den bekannten Klassikern. Charlie Parker und T-Bone Walker durften da ebenso wenig fehlen wie Miles Davis oder Louis Armstrong. In der ersten Hälfte präsentiert Ramsey die Stücke noch ein wenig mit angezogener Handbremse und es kommt zwischenzeitlich schon der Verdacht auf, dass er mit seinen 78 Jahren der Bühne nicht mehr so 100-prozentig gewachsen ist. Die Stimme nicht wirklich kräftig, die Bühnenpräsenz könnte deutlicher sein. Der zwischenzeitliche Blick auf die Armbanduhr spricht Bände. Doch spätestens nach der Pause ist klar, dass Ramsey als erfahrener Unterhalter auch noch richtig Gas geben kann. Dabei überzeugen vor allem die bluesig-rockigen Stücke wie "Get your kicks on Route 66".
Auch "Georgia on my Mind" von Hoagy Carmichael haucht Ramsey neues Leben ein. So macht es Spaß, diese Lieder mal wieder zu hören. Die Zeit vergeht wie im Flug und erst um halb zwölf verlassen die Musiker die Bühne dieser Jubiläums-Eröffnungsgala.
Grandios: Klarinettist Höllering
Den musikalischen Boden für den Auftritt von Ramsey bildete die Thilo Wagner Band. Ihr herausragender Musiker: Der Klarinettist Charly Höllering. Seine Solos und Einwürfe waren der wahre Höhepunkt des Abends. Zart schmelzend oder auch mal richtig röhrend - Höllering legte mit seinem sehr melodiösen Spiel die Messlatte für seine Mitstreiter sehr hoch. Und gleichzeitig drängte er sich nicht in den Vordergrund, sondern ließ ihnen viel Freiraum für das eigene Spiel. Diese Tugend war auch eine der Stärken dieses Abends. Keiner der Musiker profilierte sich auf Kosten der anderen.