Als was hat man ihn nicht alles bezeichnet, als Punk-Qualtinger, Karl Valentin des Rock n Roll, Kleinkunst-Diva, Robin Hood der Intellektuellen. Der promovierte Kardiologe Georg Ringsgwandl gehört seit über zwei Jahrzehnten zu den schillerndsten Figuren in der Musik- und Kabarettszene hierzulande - auch weil er gerne schrill, mit Strumpfhosen und Lippenstift kostümiert, auf die Bühne geht. In seinem zehnten Studioalbum "Untersendling" besingt er nun das Leben in dem gleichnamigen Münchner Stadtteil. Im Rahmen der Memminger Meile kommt Ringsgwandl mit seiner Band am Samstag, 20. Juni (20 Uhr), nach Memmingen ins Kaminwerk. Michael Dumler unterhielt sich mit dem 60-Jährigen über das Älterwerden, Wahlen und die Macht der Frauen.
Herr Ringsgwandl, ein sonnenbebrillter Mann mit Wollmütze und Dreitagebart schaut mich da auf Ihrem neuen Album an. Machen Sie jetzt auf Gangster-Rapper?
Ringsgwandl: Es ist ein bisserl ein verhauter Typ, kein richtiger Gangster-Rapper, er könnte vielmehr ein Gebrauchtwagenhändler sein oder irgendein Typ, der irgendwie eine schräge Kneipe führt, also a bisserl was Halbseidenes, irgendwie so was.
Eine bewusste Abkehr vom schrillen Outfit vergangener Jahre?
Ringsgwandl: Ja. Ich denke, die Zeit für grelle Sachen ist vorbei. Damals war es eine Reaktion auf die Zeitumstände. Ich musste mir einen Platz erkämpfen, Gas geben, dass überhaupt einer herschaut, weil ich damals, Anfang der 80er Jahre, überhaupt keine Auftritte gekriegt hab.
Aber die Zeit hat sich seitdem wirklich enorm verändert. Die Leute sind anders herumgelaufen, und Sachen, die damals witzig waren, sind es heute nicht mehr.
Auf "Untersendling" gibt es wieder einen druckvollen Mix aus Funk, Rock und Blues. Musikalisch wie textlich besticht das Album durch seine künstlerische Geschlossenheit.
Ringsgwandl: Das war mir auch wichtig. Das Ganze sollte möglichst aus einem Guss sein, die Lieder sind sehr wohl ausgewählt, und da ist an sich nix dabei, was man wegschmeißen kann.
"Das Kreuz lässt aus, das Knie tut weh, aber alles halb so schlimm, es reißt uns zamm nur äußerlich, doch wir werden jünger innendrin", singen Sie im Lied "Jünger innen drin". Ist das die selbstironische Sicht des 60-jährigen Ringsgwandl?
Ringsgwandl: Ja, ich habe das für eine Frau geschrieben. Es ist aber auch eine Art Selbstreflexion über meine Generation. Es ist unser Trost, dass wir innerlich jung bleiben könnten, dass wir ab einem bestimmten Alter, Dinge lockerer und weniger starr sehen können, als vielleicht einer mit 35, 40. Aber es ist natürlich viel Koketterie dabei: Denn auch wenn du ein vitaler 60-Jähriger bist, bist du eben 60 Jahre alt.
Sehen Sie sich als politischen Songschreiber?
Ringsgwandl: Ja, schon, aber nicht parteipolitisch gesehen.
Wir haben ein Wahljahr. Gehen Sie wählen?
Ringsgwandl: Ja. Man kann über die Gesellschaft und Politiker und alles Mögliche schimpfen, aber man kann nicht drüber schimpfen, wenn man sich nicht dran beteiligt. Man ist natürlich ein Molekül im riesigen Ozean, wenn man da wählt, aber es ist unsere Möglichkeit, sich am Gemeinwesen zu beteiligen.
Frauen sind der eigentliche Sinn des Lebens, haben sie einmal gesagt
Ringsgwandl: Ja, da habe ich einen schwachen Moment gehabt und hab das offen zugegeben. Nein, wenn ich ganz ehrlich bin, ist das so. Ich hab jahrzehntelang überhaupt nichts anderes im Kopf gehabt als Weiber.
Wenn ich denke, was ich alles gemacht habe, um die Frauenschaft irgendwie auf meine Seite zu ziehen, du lieber Gott! Die Frauen als Stimulanz im Leben, das war für uns früher eminent wichtig. Dieser ganz rabiate Druck, den wir da gehabt haben, der ist heutzutage bei jungen Männern bei weitem nicht mehr so vorhanden.
Die schrillen Ringsgwandl-Zeiten sind also vorbei. Wird das Konzert in Memmingen ein ganz normales werden?
Ringsgwandl: (lacht) Ich mache keine grellen Punk-Shows mehr. Aber selbst wenn ich mich relativ normal anziehe, werde ich nie die Seriösität eines Rockstars wie Bon Jovi haben.
Ringsgwandl tritt mit Band auch am 17. Juli (20 Uhr) in Immenstadt auf (Karten 08323/8628) und am 18. Juli (20.30 Uhr) in Bregenz.