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"Die wo koa Hirn net ham"

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"Die wo koa Hirn net ham"

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    Memmingen | sol | Die bajuwarischen Walküren bringen pralles Leben in die gute Stube bayerischer Tradition. Wie ihre Brüder, die Biermösl-Blosn, sind die Wellküren multiinstrumental unterwegs und beherrschen den guten Ton des Dreigesangs. Das Stubensprengende liegt in den bissig-biestigen Texten, mit denen das Trio nicht nur am weiß-blauen Fähnlein herumzündelt. Die 238 Zuschauer im Bonhoeffer-Haus jedenfalls fingen bald Feuer.

    Der kleinste Winkel der Provinz bringt oft die aufmüpfigsten Geister hervor. In diesem Falle heißt er Oberschweinbach, ein 1300 Seelen starker Ort bei Fürstenfeldbruck, wo Mutter Well einst 15 Kinder gebar. Und das trotz abendfüllender Stubenmusik, die sonst gegen alles wirkt und alles richtet. "Stubenmusik ist das Gegenteil von Mehrzweckhalle und schützt vor Hansi Hinterseer, Silbereisen und Dieter Bohlen", erklärt Moni, Kampfhenne und Wortführerin des "Hardcore-Stubenmusik-Terzetts", das heuer mit der "Baierischen Sprachwurzel" ausgezeichnet wurde. Ihr zur Seite stehen ihre gekonnt gequält wirkenden Schwestern Bärbi und Burgi, die der Gschnapiggn gern über den Mund fahren, wenn sie zu marktschreierisch wird.

    Reinemach-Galopp

    Moni ist nämlich in Oberschweinbach auf Tupperwarenvorführungen spezialisiert. Ausgerüstet mit dem Mikrofaserallzwecktuch "Wisching well", tritt sie gegen Übergewicht, Geburtenrückgang und Scheidungsrate an ("friaras wor des net so, do is ma hoit oifach fria gstorba!"). Zuweilen gibt es bei dem kracherten Oberschweinbacher Reinemach-Galopp durch die aktuelle Themenlandschaft auch ein paar Putzstreifen - etwa wenn die bundesdeutsche Depression in Merkels Magenfalten mündet oder der Österreicher als Feindbild an die Wand gemalt wird.

    Auch die Schwestern mischen und wischen kräftig im Dorfleben, Kernzelle des Weltgeschehens, mit: Die Frauenbeauftragte Burgi hat das Kopftuchverbot bis in den Kuhstall hinein durchgesetzt und Bärbi, die Gscheide, versucht dem kaum noch vorhandenen Dorfnachwuchs eine differenzierte Weltsicht zu vermitteln.

    Doch was tun, wenn "des Burli" zu deppert für Fußball is? Na, dann muss er eben zur Hypobank: "Da kumma mehra zsamm, die wo koa Hirn net ham."

    Nach zahlreichen Hits wie "Wochenend im Altenheim" packen die drei dann richtig aus. Das Dindl fällt. Tuba, Posaune und Saxofon, Harfe, Hackbrett, Akkordeon weichen einem einsaitigen Streichinstrument mit Blaskopf, um in dem schrägen Grusical "Forever - wie lange regiert die CSU noch Bayern?" den Siechgang des legendären Monarchen "Edmund I" zu befiedeln, der an "Morbus franconia Pauli" tragisch verendet.

    Tja, "friara gabs für ois an Heiligen", heute nur Homöopathie? Nein, denn es ist ein Kraut gewachsen gegen die Katastrophen dieser Welt: "Stubenmusi", und alles wir gut!

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