Von Birgit Klimke, Mauerstetten/Oberbeuren - 'Es ist wie ein Virus - wer einmal dabei war, der kommt irgendwann wieder.' Horst Zimmermann aus Mauerstetten weiß, wovon er spricht. Denn auch er hat kurzzeitig die Modellfliegerei 'vernachlässigt', wie er sagt. Aber im Grunde ist der heute 60-Jährige seinem Hobby treu geblieben, seit er zwölf Jahre alt ist. Und ein Blick in die gut sortierte Werkstatt verrät, dass es mehr ist als ein Hobby. Fast täglich ist Zimmermann dort, um an seinem neuesten Modell zu arbeiten. Denn egal, welches Flugzeug gerade entsteht - 'am Werkeln ist man ewig'. Damit Zimmermann in dieser Zeit trotzdem am Familienleben teilnehmen kann, hat er seine Werkstatt direkt neben der Wohnküche eingerichtet. 'Das ist gemütlicher, als im dunklen Keller zu sitzen.' Die Faszination, etwas Selbstgebautes mit einem Gewicht von bis zu 20 Kilo in die Luft zu bekommen, dort zu halten, zu bewegen und beim Fliegen zu beobachten - das ist es, was für den 60-Jährigen den Reiz am Modellfliegen ausmacht. Und die Tatsache, dass er durch sein Hobby viel Zeit in der freien Natur verbringt - sei es auf dem Flugplatz oder in den Bergen beim alpinen Segelfliegen. Auch die Gesellschaft im Verein will Zimmermann nicht mehr missen. Seit 30 Jahren gehört er dem Modellfliegerclub (MFC) Bad Wörishofen an, der inzwischen über 100 Mitglieder zählt. Rund die Hälfte, so schätzt Zimmermann, stammt aus Kaufbeuren. Eigentlich ist der Mauerstettener kein Wettbewerb-Typ. Das behauptet er zumindest von sich selbst. Am kommenden Wochenende aber, wenn auf dem Flugplatz des MFC die deutsche Meisterschaft ausgetragen wird (siehe eigener Artikel), ist Zimmermann mit am Start. 'Es ist die 30. Meisterschaft. Und die wollte ich gerne mitmachen.' Das Dabeisein ist für ihn aber alles, sagt Zimmermann. Chancen rechnet er sich keine aus.
Jedes Modell hat eine Geschichte Bei den Titelkämpfen müssen die Modellflieger vorgeschriebene Figuren fliegen, die in Höhe und Ausführung exakt stimmen müssen - und das alles ferngesteuert. Außerdem wird das Modell, mit dem die Piloten antreten, von einer Jury bewertet. Nach Originalunterlagen werden dazu kleinste Details verglichen. Zimmermann macht ausschließlich Original-Nachbauten. So kann er über jedes Flugzeug, das bisher in seinen Händen innerhalb von sechs bis zwölf Monaten Gestalt angenommen hat, eine Geschichte erzählen. 'Das macht das Ganze erst richtig interessant.' Als richtig interessant sieht auch Karl Sturm sein Hobby Modellfliegen an. Vor 25 Jahren hat der heute 65-Jährige damit begonnen. Bis er zum Modellfliegen kam, hat er jedoch noch andere Varianten ausprobiert. Zunächst selbst Pilot, wechselte Sturm später zum Drachenfliegen. Seine Frau hatte sich zu große Sorgen gemacht, wenn er in der Luft war. Die Sorge war schließlich so groß, dass sie sogar seinen Drachen heimlich verkaufte. 'Dann bin ich beim Modellfliegen gelandet', erinnert sich Sturm. Dieses Hobby betreibt der Oberbeurer inzwischen mit großem Eifer. Im Gegensatz zu seinem Vereinskollegen Zimmermann startet Sturm gerne bei Wettkämpfen und ist dazu fünf- bis sechsmal im Jahr in Europa unterwegs. Nicht nur der Wettbewerb, sondern vor allem 'das Drumherum' sei ein tolles Erlebnis, sagt der 65-Jährige. So gebe es einen festen Kreis von Modellfliegern, der mit Wohnwagen anreist und auf den Flugplätzen ein paar gesellige Tage verbringt. Bei der Meisterschaft am Wochenende, zu der der Flugplatz des MFC von auswärtigen Piloten ebenfalls kurzerhand zu einem Campingplatz umfunktioniert wird, erhofft sich Sturm einen Platz unter den ersten Zehn. Der Oberbeurer will auf die Stunden, in denen er an seinen Modellen bastelt, nicht mehr verzichten. 'Es ist ein toller Ausgleich zum stressigen Beruf. Man kann wunderbar abschalten, wenn man zu Hause tüftelt und technische Probleme lösen muss.' Bis zu zwei Jahre sitze er manchmal an einem original nachgebauten Flugzeug, für das er auch die Pläne selbst erstellt. Solche Modelle sind im Grunde unbezahlbar. Denn der Materialwert ist schon enorm hoch - von den Stunden, die der Modellflieger daran arbeitet, ganz zu schweigen. Was, wenn sich solch ein wertvolles Flugzeug einmal nicht in der Luft halten kann und abstürzt? Sturm: 'Dann ist das Geheule groß und man will mindestens vier Wochen lang keinen Flieger mehr sehen.'