30 Menschen sterben jährlich in Deutschland an Insektenstichen. Trotz des kühlen Wetters fliegen Bienen, Hummeln, Hornissen und Wespen wie jeden Sommer - und stechen gelegentlich zu. Dr. Thomas Spindler aus Wohmbrechts - Allergologe, Kinderpneumologe und Chefarzt der Kinderklinik für Atemwegserkrankungen und Allergien und der Rehabilitationskinderklinik der Waldburg-Zeil Fachkliniken Wangen - erläutert, was es mit der geflügelten Gefahr auf sich hat.
Herr Dr. Spindler, wie gefährlich ist denn nun ein Insektenstich?
Dr. Thomas Spindler: Im Normalfall schwillt der Bereich um den Stich an, er tut weh und juckt rund um die Einstichstelle. Häufig kommt es auch zusätzlich zu einer deutlichen Überwärmung und Rötung in diesem Bereich. Am ehesten hilft hier Kühlen. Gefährlicher sind Stiche in die Schleimhäute, also zum Beispiel in den Mund oder Rachenraum. Hier können lokale Schwellungen besonders unangenehm, teilweise auch bedrohlich werden. Deshalb sollte man schnell kühlen, zum Beispiel Eiswürfel lutschen und gegebenenfalls zum Arzt gehen beziehungsweise in schlimmen Fällen den Notarzt rufen. Etwa 0,5 Prozent aller Stiche lösen eine echte allergische Reaktion aus. Das ist immerhin jeder zweihundertste Stich.
Was bedeutet allergische Reaktion genau?
Spindler: Bei so genannten systemischen allergischen Reaktionen findet die Auswirkung des Insektenstichs nicht nur um die Einstichstelle herum statt, sondern an anderen Körperregionen. Ein Ausschlag kann sich über den ganzen Körper ausbreiten. Außerdem treten eventuell weitere so genannte "anaphylaktische Reaktionen" beim Patienten auf: Schwellungen im Gesicht oder an den Lippen, Schluckbeschwerden, Heiserkeit, Durchfall, Erbrechen, Schwindel und Atemnot bis hin zum Kreislaufversagen.
Was mache ich, wenn ich allergisch reagiere?
Spindler: Wenn nach einem Insektenstich so etwas passiert, sollte man sofort einen Arzt oder die Klinik aufsuchen. Ist der Kreislauf betroffen oder besteht Atemnot, tut man gut daran, gleich den Notarzt zu rufen, denn ein anaphylaktischer Schock kann tödlich sein.
Wie verhalte ich mich richtig, wenn ich weiß, dass ich Allergiker bin?
Spindler: Man kann sich nie ganz vor Insektenstichen schützen. Deshalb ist es ratsam, zunächst mit dem Haus- und dem Facharzt, zum Beispiel hier an den Fachkliniken Wangen, zu klären, gegen welches Insektengift die Allergie besteht.
Ein Notfallset, bestehend aus Cortison - als Zäpfchen für Kinder oder Tablette beziehungsweise Saft für Jugendliche und Erwachsene - , einem Asthmaspray, einem Antiallergikum und gegebenenfalls Adrenalin zum selbst Spritzen sowie einen Notfallpass mit allen wesentlichen Angaben sollte man immer dabei haben und vielleicht an wichtigen Stellen wie in der Schule, im Kindergarten oder am Arbeitsplatz zusätzlich griffbereit haben. Unsere Kollegen in den Fachkliniken schulen darüber hinaus Allergiker für den Umgang mit der fliegenden Gefahr und dem Notfallset.
Kann man sonst nichts tun?
Spindler: Patienten mit nachgewiesener Allergie und systemischen Reaktionen sollten sich unbedingt einer Hyposensibilisierung gegen Insektengift unterziehen. Dabei gewöhnen wir den Patienten vorsichtig unter stationärer ärztlicher Aufsicht in den Fachkliniken Wangen an das Insektengift. In regelmäßigen Abständen muss dies dann vom Hausarzt, oder Kinder- und Jugendarzt über drei bis fünf Jahre lang fortgesetzt werden, damit die lebensnotwendige Schutzwirkung bestehen bleibt. Bis zu 95 Prozent aller Patienten reagieren nach so einer Hyposensibilisierung nicht mehr allergisch auf Insektenstiche.
Im Notfall: Die Kinderklinik der Fachkliniken Wangen, Station 4, versorgt rund um die Uhr Notfälle nach Einweisung durch Notarzt/ärztlichen Notdienst oder den Kinder- und Jugendarzt beziehungsweise Hausarzt. Telefon: (07522) 7971480. Termine für die Allergieambulanz und die Hyposensibilisierung bitte über den Kinder-, Jugend- oder Hausarzt vereinbaren unter Telefon (07522) 7971624.
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