Von unserem Mitarbeiter Roland Wiedemann, Kempten - Die Geschichte eines Pokals, wenn es sich nicht gerade um einen Wanderpokal handelt, ist in aller Regel schnell erzählt. Häufig von einem Gönner gestiftet, dient das mehr oder weniger wertvolle und meist klobige Trinkgefäß als Anreiz für den Sieg. Und wenn der glückliche Gewinner nach vollbrachter Tat den Pokal in Händen hält, streckt er ihn in die Luft und lässt ihn anschließend mit Sekt füllen. Dann darf aus ihm getrunken werden. Am nächsten Tag verschwindet das Objekt der Begierde bestenfalls in einer Vitrine, weitaus häufiger aber in einem Schrank auf dem Dachboden oder im Keller. Ende der Geschichte. Manchmal gibt es aber auch eine Fortsetzung, so im Falle des Frundsberg-Pokals. Anlässlich der Enthüllung des Denkmals zu Ehren des Feldherrs Georg von Frundsberg (1473 bis 1528) in Mindelheim hatte die Kemptener Schützengesellschaft den Unterallgäuer Kameraden einen Preis für ihr Wettschießen spendiert. Das war 1903. Damals konnte niemand ahnen, dass exakt 100 Jahre später der 55 Zentimeter hohe Silberpokal wieder in Kempten stehen würde - nicht etwa im sportlichen Wettkampf zurückgewonnen, sondern im Internet ersteigert. Einer seiner Mitarbeiter, 'ein Computerfreak', habe den Pokal beim Surfen im weltweiten Datennetz entdeckt, berichtet Josef Beer, Geschäftsmann und Schützenmeister der kgl. priv. Feuerschützen-Gesllschaft (FSG) Kempten. 'Wir waren uns im Vorstand schnell einig, dass wir mitbieten würden.' Die Kemptener Schützen sind stolz auf ihre Sammlung wertvoller Pokale und Schützenscheiben. Da würde der altehrwürdige Frundsberg-Pokal hervorragend dazupassen, so die einhellige Meinung. So saß Josef Beer am Abend des 17. Oktober mit einigen seiner Schützenkollegen vor dem Computer. Gebannt starrten sie auf den Bildschirm. 400 Euro und keinen Cent mehr waren sie bereit, für den Pokal auszugeben. Es gab drei Konkurrenten. Einer davon, was die Kemptener Schützen aber nicht wussten, war die Königlich privilegierte Schützengesellschaft Mindelheim. Deren Vertreter stiegen bei 300 Euro aus, was Schützenmeister Karl Schmidpeter hernach mächtig ärgerte. Denn die Kemptener boten 301 Euro und bekamen den Zuschlag.
Präsentation beim Königsschießen 'Erst danach haben wir erfahren, dass ein Antiquitätenhändler aus Kaufbeuren der Anbieter war', erzählt Beer. Und der habe das gute Stück wiederum von einem Privatmann erstanden. Den Mindelheimer Schützen war der Pokal, der nach Schmidpeters Vermutungen in den Kriegswirren in unbekannte Hände geraten war, vor einiger Zeit für 935 Euro offeriert worden. Bei aller Liebe zur Tradition, das war dem Schützenmeister dann doch zu viel. Bei den Mitgliedern der Kemptener Feuerschützengesellschaft stieß die ungewöhnliche Rückholaktion auf große Zustimmung. Josef Beer präsentierte seinen Kameraden den Frundsberg-Pokal erstmals beim Königsschießen. 'Und alle waren begeistert.' Die Mindelheimer tragen die Niederlage im Internet mit Fassung. Karl Schmidpeter: 'Es ist doch schöner, wenn der Pokal da steht, wo er herkommt, und nicht bei irgendeinem Privatmann.'