Er gab der Riester-Rente ihren Namen, reformierte einst die private Altersvorsorge. Und dieser Mann hat noch immer etwas zu sagen. Vor großem Publikum wirbt der ehemalige SPD-Arbeitsminister und gebürtige Kaufbeurer Walter Riester an diesem Mittwochabend im Stadtsaal für Rücklagen im Ruhestand - so als würde er jeden Vertrag persönlich abschließen und dafür Provision bekommen. "So eine Altersvorsorge gibt es auf der ganzen Welt nicht", ruft der ehemalige Politiker. Provision bekommt er nicht, der 67-Jährige argumentiert aus Überzeugung. "Ich werbe für ein Gesetz, das ich selbst gemacht habe."
Der Sozialdemokrat kam auf Einladung der VR Bank Kaufbeuren-Ostallgäu in seine Heimatstadt. Dorthin, wo er als 14-jähriger Fliesenlegerlehrling seine erste Mark in die Rentenkasse eingezahlt hatte. Plaudernd spannt der kleine, agile Mann auf der Bühne den Bogen zu seiner Zeit als Gewerkschaftsfunktionär und Arbeitsminister im ersten rot-grünen Kabinett, als er auch bei Agenda-Kanzler Gerhard Schröder für seine Ideen der privaten Vorsorge als Ergänzung der gesetzlichen Rente erst hartnäckig werben musste.
Es gibt inzwischen 14 Millionen Riester-Verträge und noch einmal zehn Millionen Abschlüsse bei der betrieblichen Altersvorsorge. Trotzdem erreicht Vater Staat mit dieser attraktiven Sparform nur die Hälfte der Beschäftigten. Deshalb ist Riesters Mission die Information geworden. "Sparen ist nicht sehr sexy", weiß der Politrentner.
"Viele denken außerdem, sie könnten sich die Riester-Rente gar nicht leisten." Das liege an der mangelnden Bereitschaft vieler Menschen, sich über die Vorsorge in ihrer speziellen Lebenssituation kundig zu machen. Das Prinzip der Riester-Rente hat ihr "Vater" auf der Bühne schnell erklärt: Es geht hauptsächlich darum, das Sparen zu fördern. Da aber nicht jeder Mensch die gleichen Voraussetzungen fürs Sparen habe, würden für jeden Euro, den man auf die hohe Kante legt, Zulagen vom Staat gezahlt. Konkret: Geringverdiener sind mit nur fünf Euro im Monat dabei, um alle Zulagen zu erhalten.
Der Ex-Minister ist heute zwar gut versorgt, kommt aber selbst nicht in den Genuss der Zulagen. "Riestern" dürfen nur Versicherte der gesetzlichen Rentenversicherung, Beamte und ihre Ehepartner. Der Kaufbeurer bezeichnet das als "einzigen Konstruktionsfehler": Er wollte, dass wirklich jeder einen Vertrag abschließen kann, auch die Millionen Selbstständigen. Hier müsse nachjustiert werden.
Mit dem positiven Hall des nach ihm benannten Vorsorgepakets kann Riester ganz gut leben, anders als vielleicht Peter Hartz, dessen Name unauslöschlich für die stark kritisierten Arbeitsmarktreformen steht. "Das hatte er sich wohl nicht so vorgestellt", meint Riester an diesem Abend noch im kleinen Kreis.
Wie er die aktuelle Debatte um die Regelsätze, menschenwürdiges Leben und das schlechte Image der Hartz IV-Gesetze als soziale Sackgasse verfolgt, mag der Vortragsreisende so eindeutig gar nicht sagen. Er wird lieber grundsätzlich: "Es geht nicht um fünf Euro mehr oder weniger", meint der Sozialdemokrat, der selbst in bitterer Armut aufwuchs. Riester plädiert für "arbeitsmarktpolitische" Investitionen. "Die allermeisten dieser Menschen werden von der Arbeitswelt doch gar nicht angenommen." (avu)