Von Bernd Skischally, Memmingen Es knarzt, hämmert und zischt. Wo man hinschaut, herrscht geschäftiges Treiben. Hinter provisorisch errichteten Holzverschlägen tummeln sich Frauen und Männer in einfachen Arbeits-Gewändern und präsentieren den staunenden Besuchern im wahrsten Sinne des Wortes handwerkliches Schaffen. Fast alle Teilnehmer des Handwerker-Markts bei Wallenstein arbeiten auch im echten Leben in den Berufen, die sie hier mit der Technik aus der Zeit des 30-jährigen Kriegs darstellen. 'Von der Mentalität her unterscheidet mich eigentlich nichts von einem Schreiner aus dem 17. Jahrhundert', sagt Schreinermeister Werner Abler. Der 71-Jährige war schon vor über 20 Jahren mit einem Stand bei den Wallenstein-Spielen dabei. Damals, im Jahr 1983, war sein Sohn Christian noch ein kleiner Bub. Inzwischen unterstützt ihn der 34-jährige Diplom-Ingenieur tatkräftig am Markt-Wochenende. An einer alten Werkbank aus massivem Holz fertigen Vater und Sohn kleine hölzerne Hocker, die sie für einen Bruchteil des normalen Preises an die Besucher verkaufen. 'Es gehört viel Idealismus dazu, wenn du beim Markt mitmachst.
Aber wenn man einmal damit angefangen hat, will man nicht mehr aufhören', betont Christian Abler. Auch beim Großteil der übrigen knapp 40 Stände gibt es die Produkte, die mit einfachen technischen Mitteln vor Ort hergestellt werden, zu erwerben: Die Amendinger Wachszieherei Schütz verkauft Kerzen; bei der Buchbinderei Mayr findet man handgemachtes Papier und eine deftige Brotzeit nach Art des 17. Jahrhunderts ist dank der Metzgerei Kleiber, der Bäckerei Deller und der Metbrauerei Kößler möglich. Im 'Einlaß', der 1475 erbauten Pforte der Stadtmauer, ist zeitweise kein Durchkommen mehr, weil in der engen Gasse zahlreiche Menschen vor dem Stand der Familie Kreuzer stehen. Der 60-jährige Hans Kreuzer und sein Sohn Christian basteln beinahe im Akkord runde und ovale Filzhüte. Zitat Wenn man bedenkt, was die Handwerker damals geleistet haben, muss man vor Ehrfurcht den Hut ziehen.} Werner Abler, Schreinermeister und Teilnehmer am Handwerkermarkt bei Wallenstein. Erst stülpen sie zurechtgeschnittene bunte Lappen aus Schafwolle und Kaninchenhaar über Holzformen. Dann stellen die Hutmacher den Filz unter eine eiserne Glocke, die sich von unten mit Wasserdampf füllt. 'Durch dieses Verfahren behält das Material seine Form und der Filz lässt sich als Hut tragen', sagt der 40-jährige Christian Kreuzer, der in Memmingen in vierter oder fünfter Generation ein familieneigenes Hutgeschäft betreibt. Ein wenig Wehmut kommt beim 71-jährigen Schreiner Abler auf, als er die Arbeitsweisen von heute und dem 17. Jahrhundert vergleicht: 'Damals konnten die Handwerker noch mit Ruhe und Sorgfalt ihre Arbeiten bewerkstelligen. Inzwischen steht man ja überall nur noch unter Zeitdruck.'