Kritische Fragen an die Kirche - Wankmiller-Gruppe Thema im Dekanatsrat Füssen Von Heinz Sturm Füssen Die Wankmiller-Gruppe? "Dieses Thema wird seit Jahren unter den Teppich gekehrt", ärgerte sich eine Frau bei der Sitzung des Dekanatsrates Füssen. Im Dekanatsrat wurde aber nichts vertuscht: Sehr deutlich warnte Referent Peter Wieland vor der Wankmiller-Gruppe. Kritik gab´s von Teilnehmern auch an der Position der Kirche. Der Vorwurf, von kirchlicher Seite werde zu wenig gegen die sektenähnliche Gruppe unternommen, erstreckte sich in der Diskussion auch auf politische Parteien und Teile der Bevölkerung."Viele Füssener haben sich mittlerweile an die Wankmiller-Gruppe gewöhnt - so wie sie sich an den Föhn gewöhnt haben." Das meint Peter Wieland, ein Vorstandsmitglied der Selbsthilfegruppe Sektenausstieg. Vor über 70 Zuhörern warf er einen Blick ins Innenleben der Gruppe, die er als Sekte bezeichnet: Die "strenge hierarchische Ordnung" sei kennzeichnend für "eine Sekte, nicht für eine alternative Lebensgemeinschaft". Alle Mitglieder hätten sich dem Führungsanspruch von Wolfgang Wankmiller unterzuordnen, der ein Wirtschafts- und Immobilien-Imperium in Füssen aufgebaut habe. Wankmiller habe absolute Macht über seine Anhänger: Er "ordnet auch die Sexorgien an", so Wieland. Mit Inseraten und bei Treffen von verschiedensten Gruppen werbe der Clan immer wieder Mitglieder, erklärte Wieland. Vor allem Menschen ,die private Probleme hätten. Über sexuelle Kontakte binde man sie an die Gruppe, setze sie dann gegen geringen Lohn in den 19 Betrieben des Clans ein. "Ihr Ziel ist es, Leute abhängig zu machen und dann auszubeuten", so der Sekten-Kenner gegen-über unserer Zeitung. Zudem nutze die Gruppe das Sozialsystem "schamlos" aus, betonte Wieland. So würden beispielsweise die Mütter der offiziell oft vaterlosen Kinder monatlich "knapp 40 000 Mark" an staatlicher Unterstützung für ihren Nachwuchs kassieren, behauptete Pater Christoph Kreitmeir. In der Diskussion fragten sich die Mitglieder der Pfarrgemeinden, warum die sektenähnliche Gruppe seit 27 Jahren ihren Aktivitäten ungehindert nachgehen könne. Ein jeder trage dabei Schuld, meinte St.
Mang-Diakon Fredl Hofmann. "Die Füssener verkaufen an Wankmiller alles. Da liegt der Hund begraben." Die Gruppe sei bei Hauskäufen bereit, jeden Preis zu zahlen. "Zuerst das Geld, dann die Moral", kommentierte Peter Wieland diese Ausführung. Dazu kommt laut Hofmann die Mentalität des Totschweigens: "Du schädigst unsere Stadt" - solche Sätze habe er auch von Kommunalpolitikern gehört, wenn er vor der Gruppe gewarnt habe, beschrieb der Diakon die "Maulkorberlasse" Von mehreren Rednern wurde kritisiert, dass der Stadtrat dem Treiben der Gruppe mehr oder minder tatenlos zusehe. Dass eine "klare Aussage von unseren Pfarrern" fehlt, bemängelte ein anderer Teilnehmer. Stadtpfarrer Karlheinz Knebel nahm dazu Stellung: Er halte nichts davon, über dieses Thema von der Kanzel zu reden. Viele Menschen, deren Familienangehörige in der Gruppe sind, seien betroffen. Als Seelsorger wolle er nicht polarisieren, sondern "Brük-ken bauen und Türen offen halten", meinte Knebel. Wichtig sei aber, dass man das System der Gruppe durchschaue und die Zusammenhänge kenne. Ruhig wurde es im Saal, als sich ein Mann zu Wort meldete: "Mein Sohn ist in der Gruppe, er bekennt sich dazu." So "überzeichnet" wie die Verhältnisse dargestellt würden, sei es gar nicht. Er jedenfalls habe einen guten Kontakt zu seinem Sohn, den Enkeln und anderen Gruppen-Mitgliedern. "Die Leute arbeiten mit emotionellen Bindungen", warnte Pater Christoph. Davon dürfe man sich nicht täuschen lassen. Man wolle die Gruppen-Mitglieder auch nicht verteufeln, sagte Wieland: "Wir sehen in den Anhängern keine Gegner, sondern verwirrte Menschen." Diesen wolle man helfen. Doch wenn man jetzt noch immer Tatsachen verschweige, dann sei das "verantwortungslos".