Von Thilo Jörgl, Kaufbeuren - Bundeswehr und Camping: Bei diesen beiden Worten denkt so mancher - zumindest wer mal 'gedient' hat - gleich an Grundausbildung oder Manöver. Doch die 50 Männer und Frauen, die derzeit auf dem Kaufbeurer Fliegerhorst ihre Zelte aufgeschlagen haben, sind in einer eindeutig zivilen Mission unterwegs: Segelfliegen. Für zwei Wochen haben die Nordlichter aus dem Raum Hannover von der Bundeswehr die Erlaubnis erhalten, mit ihren 15 weißen Seglern große und kleine Kreise über Kaufbeuren zu drehen und auf dem Bundeswehr-Flugplatz zu campieren. 'Fliegerlager 2002' heißt die Mission, die eigentlich gar keine ist. Diese Worte stehen in großen Lettern auf dem T-Shirt von Markus Neumeister. Doch warum schlagen die Niedersachsen ihr Lager ausgerechnet in der Wertachstadt auf? 'Die Freundin eines Vereinsmitglieds kommt von hier und da haben wir einfach mal beim Luftsportverein Kaufbeuren nachgefragt, ob wir das Lager hier durchführen können', erzählt Michael Heise. Und der Luftsportverein Kaufbeuren (LSVK) habe dann seine angemieteten Gebäude, Aufenthaltsräume und Werkstatt, zur Verfügung gestellt und sich bei der Bundeswehr für eine Sondergenehmigung für die Flieger eingesetzt, erinnert sich Gustav Kleinemeyer, Spartenleiter Segelfliegen beim LSVK. 'Die Bundeswehr war sehr kooperativ und großzügig', ergänzt LSVK-Fluglehrer Gerhard Schottenloher, der einige Male mit den Norddeutschen in die Alpen geflogen - oder besser: gesegelt ist. Die Hannoveraner sind von ihrem Basislager für die Alpenflüge begeistert. Seit sieben Jahren veranstalten die Flieger ein Sommerlager, waren schon in Tschechien und Ungarn, aber Flüge ins Gebirge waren für viele bis vergangene Woche noch Neuland. Und aus noch einem Grund ist das 'Campinggelände' zwischen den Schulungsräumen der Luftwaffe und oliv-grünen Bundeswehr-Lagerhallen gut geeignet: 'Die lange Landebahn ist ideal für unsere Flugschüler', meint Flieger Wolfgang Peter. Obwohl in Niedersachsen schon Ferien sind, müssen junge und auch ältere Flieger während des Ausbildungslagers trotzdem die Schulbank drücken. Wer den Steuerknüppel zwischen Tegelberg und Säuling bedienen will, muss vorher etwas über die Flugbedingungen in den Bergen wissen. 'Alpeneinführung' nennen die Segler die Theoriestunden über Wetterverhältnisse und Navigation im Gebirge. 'Wenn man aus dem Flachland kommt, wäre es verrückt, ohne Einführung ins Gebirge zu fliegen', erklärt Michael Heise. Deshalb sind die Flachland-Flieger über die Tipps der erfahrenen Allgäuer dankbar.
Gute Stimmung im Allgäu Und auch für das von den LSVK-Mitgliedern organisierte Freizeitprogramm sind sie dankbar. Denn: Nur jeden zweiten Tag konnten sie wegen schlechter Wetterbedingungen in die Lüfte steigen. Doch wegen der dichten Wolken blasen die Herren der Lüfte auf dem Boden keine Trübsal. Grillen, Stadtbesichtigungen und Kneipentouren ('wir kennen bald jede Wirtschaft hier') sind angesagt. Aber neben den Allgäu-Standard-Besichtigungen (Füssen, Neuschwanstein) standen noch ganz besondere Höhepunkte an. Etwa eine Brauereibesichtigung ('den Braumeister haben wir danach im Flieger mitgenommen') oder eine Kaufbeurer Stadtführung mit Toni Haug. Und dann gibt's ja zum Glück noch das Tänzelfest. So manches Mal machten sie sich vom Fliegerhorst auf den Weg ins Lagerleben oder zum Festzelt am Tänzelfestplatz. 'Die Allgäuer', so Markus Neumeister, 'machen eine wahnsinnige Stimmung.' So habe es die Gäste aus dem Norden bei den musikalischen Einlagen der Band 'Dolce Vita' nicht mehr auf dem Boden gehalten. 'Wir standen alle auf den Bänken.' Jetzt hoffen die Gäste nochmal auf gutes Segel-Wetter, denn schon bald ziehen sie mit ihren Seglern wieder gen Norden. Klaus Klienitzke: 'Gerne würden wir wieder hierher kommen.'