Nesselwang hat wieder eine Hundertjährige. Im Alten- und Pflegeheim der Heilig-Geist-Stiftung feierte gestern Katharina Gritz ihren Geburtstag und zeigte sich geistig wie körperlich voll auf der Höhe. Der Titel der ältesten Nesselwangerin dürfte damit für die nächste Zeit vergeben sein.
"Das macht die gesunde Luft in Nesselwang", meinte Bürgermeister Franz Erhart. Er überbrachte der Jubilarin nicht nur die Glück- und Segenswünsche des Marktes, sondern auch des bayerischen Ministerpräsidenten Horst Seehofer. Fit hält sich die Jubilarin mit regelmäßigen Spaziergängen: "Da kriege ich Sauerstoff." Und so freut sie sich schon aufs Frühjahr im schönen Garten des Heilig-Geist-Spitals.
"Bei ihrem 95. Geburtstag hat sie mich noch selbst bewirtet", erzählte Bürgermeister Erhart. Und auch bei ihrem 100. Geburtstag verteilte Katharina Gritz beispielsweise die Tischkärtchen selbst. Erst vor gut einem Jahr musste sie nach einem Sturz ihren eigenen Haushalt aufgeben. Mittlerweile hat sie sich im Heim gut eingewöhnt.
Als zweite Tochter von Ludwig Heim, der als Postillion noch die Postkutschenzeit erlebt hatte, war Katharina Gritz am 12. März 1909 in Nesselwang zur Welt gekommen. Bereits im Alter von drei Jahren verlor sie ihre Mutter, Anna Maria Röck aus Wiggensbach. Nach dem Abschluss der Mittelschule in Kempten arbeitete sie sechseinhalb Jahre lang als Büroangestellte bei der Firma Riefler in Nesselwang.
Nachdem sie während der Weltwirtschaftskrise ihre Stellung verloren hatte, wechselte sie ins Hotelfach. "Ich wusste, dass dort die Angestellten Wohnung und Verpflegung im Haus hatten", erzählt sie. Bis zu ihrer Hochzeit mit dem Spenglermeister und Installateur Hans Gritz Ende 1935 arbeitete sie in Hotels in Hindelang und Oberstdorf.
Sehr stolz ist sie darauf, dass es den Laden mit Küchengeschirr, Porzellan, Glas und Geschenken, den sie damals von ihren Schwiegereltern übernommen hat, bis heute gibt. Ein Zubrot bescherten ihr die ersten Kurgäste, die mit dem Omnibus aus Wiesbaden anreisten. Bis 1972 betreute Katharina Gritz bis zu zehn Gäste. Das Geschäft übergaben Hans und Katharina Gritz 1980 an Paul und Gabi Hindelang, um mit 72 und 71 Jahren in Rente zu gehen.
Die Ehe der Gritz währte bis zum Tod von Hans Gritz im April 2001 65 Jahre lang. Die glücklichsten davon in den Nachkriegsjahren, wie Katharina Gritz erzählt. Ihr Hans, der gleich zu Kriegsbeginn an den Westwall und später nach Russland ziehen musste, war 1945 gesund zurückgekehrt. Weiter weg zog es ihn nach diesen Erfahrungen nicht mehr, als die Gritz im Ruhestand Zeit für Reisen hatten.
So wurden der Bodensee und Südtirol die bevorzugten Ziele der begeisterten Wanderer und Skifahrer.