Perfekte Wunde für Grönemeyer Kaufbeuren (fro). 'Christopher Lee war ein Gentleman. Er kannte alle deutschen Klassiker, war immer höflich und hatte beim Dreh immer seine Ehefrau dabei', erzählt Herta Hirt. Nicht nur den 'Dracula'-Darsteller lernte die 54-Jährige aus Kaufbeuren kennen: Über 30 Jahre arbeitete sie als Maskenbildnerin am Theater und beim Film in München. Sie sorgte für den perfekten Teint - bei allen, die im deutschen Film Rang und Namen hatten. Inzwischen lebt sie in Kaufbeuren.
Rund 15 Jahre war Hirt in der Film-Metropole München als Maskenbildnerin tätig. Viele bekannte deutsche Schauspieler - von Mario Adorf über Harald Juhnke bis Elisabeth Volkmann - bekamen von ihr die Nase gepudert, eine passende Frisur oder gar den richtigen Schmiss verpasst. Die Stars sind Hirt noch deutlich präsent: 'Uschi Glas war zum Beispiel ein richtiger Kumpel. Die hat sich noch für die Garderobenfrau eingesetzt.' In über 20 Filmproduktionen, etwa in 'Die unendliche Geschichte', war sie mit von der Partie. 'Die Filmtätigkeit war sehr interessant und spannend', meint Hirt rückblickend.
Das Handwerk hat sie in ihrer Geburtsstadt Würzburg gelernt: Nach einer Lehre zur Friseurin fing Hirt am dortigen Stadttheater an. 'Die hatten zwar einen Einstellungsstopp, aber ich bin so lange hingegangen, bis sie mich eingestellt haben.' Nach der Ausbildung konnte sie historische Perücken knüpfen, schließlich spielten viele Stücke in der Renaissance. Dazu lernte sie auch Kunstgeschichte, um die Stücke einordnen zu können. Selbst anatomische Kenntnisse gehörten zu ihrer Ausbildung, um etwa junge Schauspieler alt schminken zu können. Von Würzburg aus ging sie zum Landestheater Coburg und danach zum Gärtnerplatz- Theater nach München. 'Dort wurde ich wider Erwarten angenommen, da meine Stelle in der Herrenabteilung war. Das Gärtnerplatz- Theater hat mir sehr gut gefallen', sagt Hirt.
Zugleich blieben in der Medien-Metropole Kontakte zum Fernsehen nicht aus. Zunächst half sie sporadisch aus, dann unterschrieb sie sogar einen Auflösungsvertrag, da ihre Stelle am Theater 'verbeamtet' war. Es folgten größere Produktionen: Für 'Das Boot' bekam Herbert Grönemeyer eine Wunde oder für 'Kir Royal' Xaver Krötz ein Beule geschminkt. Die Drehorte führten Hirt kreuz und quer durch Europa. Jedes Engagement fing mit dem Drehbuch an. Dann folgten Produktions- und Regiebesprechungen, Kalkulation für die nötigten Utensilien wie Haare, Schminke oder Filmblut ('ein fertig gemixtes chemisches Produkt') und Einkauf. Der Dreh an einem 14- bis 18-stündigen Arbeitstag war oft turbulent: 'Manchmal gab es lange Wartezeiten, aber meist konnte ich improvisieren. Ich musste eigentlich immer dabei sein und die Darsteller im Blick haben.' Verlaufenes Make-up, verrutschte Perücken oder verschwitzte Schauspieler musste sie sofort ausbessern. Einmal hatte sie bei einem Außendreh das Filmblut vergessen, als der Regisseur plötzlich einen blutigen Schnitt forderte: 'Da musste ich kreativ werden und habe aus Ketchup, Mehl und Farbpulver etwas improvisiert', erzählt Hirt, die selbst auch als Nebendarstellerin auftrat. Außer den Filmschauspielern schminkte sie auch Darsteller für Werbefilme - etwa Roger Moore, der für ein amerikanisches 'Feinschmecker-Restaurant' warb.
Neue Herausforderungen
'Schließlich hatte ich alles für mich erreicht: Theater, Film, Kino und Mode. Da brauchte ich eine neue Herausforderung.' Nun lehrt sie als Dozentin Schmink- und Stilberatung und wohnt seit kurzem in Kaufbeuren. Seit 1996 beschäftigt sich Hirt zudem mit individueller Farbberatung. 'Eine Bekannte sagte mal: Früher habe ich geholfen, den Leuten eine Maske aufzuziehen. Heute würde ich helfen, diese herabzuziehen', erzählt sie.