Startseite
Icon Pfeil nach unten
Allgäu
Icon Pfeil nach unten

Der "Schmotzdone" aus Lindenberg

Lindenberg

Der "Schmotzdone" aus Lindenberg

    • |
    • |

    Manfred Röhrl, Leiter des Hutmuseums, nennt den Friedhof hinter der Aureliuskirche nicht von ungefähr "Park der Geschichte". Alleine drei "Lindenberger Minister" liegen dort, die zur Weimarer Zeit hohe Ämter inne hatten: Dr. Otto Geßler, Dr. Anton Fehr und Dr. Heinrich Brauns.

    Für alle drei Minister war Lindenberg eine Rückzugsmöglichkeit, nachdem die Machtergreifung der Nazis ihrer Karriere ein jähes Ende gesetzt hatte. Geßler und Brauns waren aber keine gebürtigen Lindenberger, während Fehr in der kleinen Stadt im Westallgäu geboren wurde.

    Geßlers Vater, der Gutsverwalter auf einem Schloss bei Lindau war, hatte 1918 für seinen Sohn einen Bauernhof am Hansenweiher gekauft. Dort lebte Otto Geßler nach 1933 zurückgezogen. Geßler und Brauns waren gute Freunde. Das brachte auch Brauns nach Lindenberg. Um 1926 baute er ein Haus auf dem Nadenberg, wo er nach 1933 den "Frieden seiner Alterstage" finden wollte, wie Hubert Mockenhaupt, Diplom-Soziologe, im Jahrbuch des Landkreises Lindau schreibt.

    In Lindenberg empfingen Geßler und Brauns prominente Gäste. Manfred Röhrl erinnert sich noch an den Besuch des späteren Bundespräsidenten Theodor Heuss bei Geßler. Röhrl wohnte damals in der Hansenweiherstraße. "Die vielen Schlaglöcher dort wurden vor seinem Besuch zugeschüttet, damit Heuss nicht so durchgeschüttelt wurde", schmunzelt er. Brauns lud sogar Nuntius Eugenio Pacelli, den späteren Papst Pius XII., zu sich ein. "Die beiden machten einen Spaziergang von Scheidegg nach Lindenberg durch den alten Friedhof", weiß Röhrl.

    Dr. Otto Geßler pflegte auch den Kontakt zu Anton Fehr. Der geborene Lindenberger war 1933 nach seiner Zwangspensionierung auf seinen Hof am Stadtrand geflüchtet, den er 1928 gekauft hatte.

    Den Nazis entkam er allerdings nicht: "Nach dem Attentat auf Stauffenberg verhaftete die Gestapo meinen Großvater und durchwühlte seinen Schreibtisch", erzählt Barbara Gebler, die Enkelin von Fehr. Sie verwaltet den Hof ihres Großvaters noch heute. Anton Fehr sei für die neue Regierung, die Widerstandskämpfer Carl Friedrich Goerdeler plante, vorgesehen gewesen. Fehr kam ins Konzentrationslager Ravensbrück bei Berlin. Nach zehn Wochen wurde er entlassen.

    Barbara Gebler hat ihren Großvater als "liebenswerten Menschen erlebt". Sie hat sich vorgenommen, auf dem Hof alles so zu erhalten, wie es zu Lebzeiten ihres Großvaters war. Viele Möbelstücke aus der damaligen Zeit stehen noch in den Zimmern.

    Bei den Bürgern war der Minister hoch angesehen. Röhrl erzählt, dass Fehr "leutselig und ein richtiger Lindenberger" gewesen sei. Wegen seiner Verbundenheit mit der Landwirtschaft hätten ihn die Lindenberger sogar "Schmotzdone" (Schmalz-Anton) genannt.

    Diskutieren Sie mit
    0 Kommentare
    Dieser Artikel kann nicht mehr kommentiert werden