Startseite
Icon Pfeil nach unten
Allgäu
Icon Pfeil nach unten

Der Mäusetempel in der Guillotine

Allgäu

Der Mäusetempel in der Guillotine

    • |
    • |
    Der Mäusetempel in der Guillotine
    Der Mäusetempel in der Guillotine

    Kempten (baz). Robert Stolz kniet nieder und richtet seine Augen andächtig nach oben - fast als wolle er beten. Doch die Szene spielt sich nicht in einer Kirche ab, sondern im Treppenhaus der Kemptener Technikerschule. Der Schüler der Maschinenbau-Klasse fungiert als 'Henkersknecht': Millimetergenau passt er die von seinen Kommilitonen gebauten Bierfilz-Türme in eine Zerstörungsmaschine ein. Gewinnen wird der Turm mit dem besten Verhältnis der Bruchlast zum Eigengewicht.

    22 Teams traten beim dritten Konstruktionswettbewerbs der Technikerschule Allgäu an (wir berichteten). Sie stellten sich der Aufgabe, einen 1,20 Meter hohen Turm aus handelsüblichen Bierdeckeln zu bauen. Bewertet wurden Tragfähigkeit und Schönheit der Modelle. Dazu spendierte das Allgäuer Brauhaus 11 000 Bierfilze. Am Ende gewann Alexander Glavak, Schüler der benachbarten Fachoberschule, die erstmals am Wettbewerb teilnahm. Mannschaften der Technikerschule holten den zweiten und dritten Preis sowie die Auszeichnung für den schönsten Turm.

    Zylinder an Stelle des Fallbeils

    Das Treppenhaus, in dem die Bewertung stattfindet, ist brechend voll. Schüler und Lehrer verfolgen aufmerksam die Vorführung. Die Zerstörungsmaschine erinnert an eine Guillotine, nur mit einem Zylinder an Stelle des Fallbeils. Dessen Kolben drückt so lange auf die Türme, bis sie einstürzen. Ein angeschlossener Computer misst die dazu notwendige Kraft - die Bruchlast - und zeigt sie in Newton an. Auf dem Prüfstand steht gerade Turm 8, getauft auf den Namen 'Mäusetempel'. Es ist eines der ulkigsten Exemplare: breit, stämmig und mit kleinen, rosafarbenen Mäusefiguren beklebt. 'Den haut’s raus', spöttelt jemand aus dem Publikum. Und tatsächlich - der Zylinder setzt an, der 'Mäusetempel' knistert und bricht sofort zusammen. Der nächste Turm zeigt mehr Durchhaltevermögen: Er quietscht nur leise, bricht nicht und fällt, leicht zusammengedrückt; auf den Boden. 'Sehr gute Verformungseigenschaften', lobt Michael Burz, Dozent für Baustatik und Mitinitiator des Wettbewerbs.

    Nach einer guten Stunde sind alle Türme zerstört. Der Sieger-Turm von Alexander Glavak gehört zu den leichtesten: Die Konstruktion besteht lediglich aus 96 Bierdeckeln, die zu Würfeln verbunden und durch Kreuzverstrebungen verstärkt wurden. 'Ich habe die Würfel millimetergenau verklebt und dabei die Faserrichtung der Deckel beachtet', erklärt der Sieger seinen Erfolg. Die Bierdeckel bestünden nämlich nicht aus einem homogenen Brei sondern aus einer faserigen Masse.

    Diskutieren Sie mit
    0 Kommentare
    Dieser Artikel kann nicht mehr kommentiert werden