ein kalter Berg' Drei Kaufbeurer Bergsteiger auf einer 7000er-Expedition Von Dirk Ambrosch Kaufbeuren 'Der Khan Tengri ist ein kalter Berg', sagt Michel Wildung und grinst dabei verschmitzt. Der Spruch fiel häufig auf der Expedition. Und so wie der 29-Jährige schaut, lässt sich nur vermuten, was der Kaufbeurer Bergsteiger darunter versteht. Nein, sagen kann er nicht genau, welche Temperaturen am Berg herrschten. Nur soviel: Als Wildung Mitte Juli nach etwa einem halben Jahr Vorbereitungszeit und etlichen Strapazen endlich auf dem 7015 Meter hohen Gipfel steht, da bleibt er nur eine Minute. 'Denn es war einfach so saumäßig kalt.'
Ende Juni brachen Wolfgang Wildung, 25, sein Bruder Michel und der 19-jährige Christoph Gotschke nach Kasachstan auf, um dort den Khan Tengri zu besteigen und zwar ohne die Hilfe eines größeren Expeditionsteams. Alle drei gehören der Sektion Kaufbeuren des Deutschen Alpenvereins an. Aus Zeitschriften kannten sie 'ihren Berg', der sie wegen seiner Schwierigkeiten reizte und der Abgeschiedenheit.
'Wir wollten uns den Khan Tengri wirklich erlaufen', erklärt Michel Wildung. Deswegen entschieden sie sich für den Marsch ins Basislager, für den die Kaufbeurer fünf Tage brauchten. Die meisten Bergsteiger sparen sich das und fliegen mit dem Helikopter. Die drei wollten die Zeit aber nutzen, um sich an die Höhe zu gewöhnen, schließlich liegt das Basislager auf etwa 4000 Meter Höhe. Weil sie sich im Grenzgebiet bewegten, begleitete sie der russische Bergführer Dima. 'Das war ein Vorteil, denn der konnte wenigstens die Karten lesen die waren nämlich auf kyrillisch.'
Dann, der erste Blick auf den Berg. Michel erinnert sich: 'Ich war schockiert und hab´ erst gedacht das ist der Falsche. Denn der sah unbezwingbar aus.' Dafür aber interessant, denn der obere Teil des Khan Tengri besteht aus weißem Marmor.
Nach ein paar Tagen im Basislager scheiterte ein erster Versuch des Aufstiegs 'kläglich', wie sie sagen: brusthoher Schnee und Lawinengefahr machten die Besteigung unmöglich. Zurück im Lager litt Wolfgang an einer Halsentzündung und Christoph bekam Brechdurchfall. Der zweite Aufstieg verzögerte sich um weitere drei Tage. Dann machten sie sich wieder auf: über Lager 1 (4800 Meter), Lager 2 (5500 Meter) und Lager 3 (5800 Meter) führt der Weg zum Gipfel; der Aufstieg dauert etwa fünf Tage. In den ersten beiden Lagern übernachteten sie in Zelten, im Lager 3 in einer Schneehöhle.
Schneehöhle? 'Ja, da oben gehen irrsinnige Winde, das hält kein Zelt aus', erklärt Wolfgang. Weil das Gelände sehr steil ist, konnten sie die Höhle einfach in den Hang graben. Wie ist das, auf knapp 6000 Meter in einer Schneehöhle zu schlafen? 'Windstill, kalt und klamm. Du liegst da in voller Montur und frierst', sagt Christoph. 'Volle Montur' heißt: Sportunterwäsche, Pullover, vier Lagen Handschuhe, Daunenanorak und Gore-Tex- Jacke. Wolfgang musste auch wenn es ihm schwer fiel trotzdem umkehren, denn seine Finger waren so kalt, dass er nichts mehr anfassen konnte. 'Ich wollte mir nichts abfrieren. Das war mir der Gipfel nicht wert.'
'Stürzen ist keine Option'
Michel, Christoph und der Russe Dima wagten trotz anfangs schlechten Wetters den Aufstieg. Der war schwierig, denn auch in den Steilpassagen lag bauchtief der Schnee, so dass sie nur ein ungleichmäßiges Tempo gehen konnten. Zudem war auf die vorhandenen Fixseile kein Verlass. Doch die drei gingen sowieso ungesichert, 'weil du in dem Gelände eh\' sicher sein musst. Stürzen ist dort oben keine Option.'
Gegen 17.30 Uhr erreichten die Bergsteiger den Gipfel sie blieben nur kurz. Wie war das Gefühl dort droben? Christoph sagt: 'Da kommt noch keine Freude auf, denn du hast erst die Hälfte des Weges gemacht.' Die Feier fand erst am übernächsten Tag im Basislager statt, wo sie Wolfgang mit einem Mahl und Tee empfing.
Wie fällt das Fazit ihrer Expedition aus? 'Vier geniale Wochen mit guten Erfahrungen, menschlich und auch bergsteigerisch' findet Christoph. Michels Zusammenfassung ist kürzer: 'Das war ein gelungener Ausflug.'