Rettenberg | gj | Was früher während der Fastenzeit als Ersatz für feste Nahrung von den Mönchen eingebraut wurde, wird heute mit Genuss von den Weltlichen beim Bockbierfest verzehrt. So auch wieder am Freitag beim 'Bockbier-Anstich' des Rettenberger Engelbräu im Saal des Brauereigasthofs.
Brauer-Ehepaar Wally und Hermann Widenmayer begrüßte zur traditionsreichen Veranstaltung zahlreiche Persönlichkeiten aus Politik und Gesellschaft. Landrat Gebhard Kaiser zapfte fehlerfrei und blitzschnell das erste Eichholzfass mit dem Doppelbock-Gebräu an. Obendrein dirigierte er die Musikkapelle Rettenberg mit dem passenden 'Kaiserjäger-Marsch'.
Der CSU-Landtagsabgeordnete Alfons Zeller philosophierte über das 'Engelbier', das wohl 'alle trinken, die heilig oder scheinheilig' sind, und richtete einen Aufruf an das frohgelaunte Auditorium: 'Leut, gend in´d Wirtschaft und redets aufrecht mitanond und hocket it so viel vorm Fernseher.'
Zwischen den schmissigen Weisen der Musikkapelle sorgten die Ostallgäuer Mundartdichterinnen Johanna Hofbauer und Waltraud Mair unter dem Motto 'so was ka bloß mir passiere' für LachsalvenßDie Stimmung war bereits fabelhaft, als 'Gmuindsdiener Leonhard' alias Helmut Mayr in bester Nockerbergmanier zu seiner berühmt-berüchtigten Leviten-Rede ansetzte. Im Engelsaal war man sich einig: 'Der Kerl wird von Jahr zu Jahr besser!'
Örtliche politischen Gegebenheiten und der Wahlkampf standen im Fokus des Derbleckens, das mit deftigen Aussagen und scharfzüngigen Bitterstoffen begeisterte. Zunächst entschuldigte sich der Leonhard wegen seiner blauen Arbeitskleidung, wo ihm der Bürgermeister Kirchmann doch aufgetragen hatte, in einer 'weißen Weste' zu erscheinen - aber die 'dunklen Flecken' könne man nicht so leicht auswaschen.
Auch der Wahlkampf in anderen Gemeinden wurde durchleuchtet: Für CSU-Mann Wurmbäck 'schauppt' die Wahl nicht so klar aus und Thomas Müller in Oberstdorf habe die Wahl noch lange nicht gewonnen: 'Dem Müller geht´s ganz schön Mies'.
'AL-Kaida-Palace' und eine 'Urlaubsreise' nach Ägypten
Die Burg in Sonthofen als 'Al-Kaida-Palace', Zellers 'Urlaubsreise' nach Ägypten und die 'Vereinsamung des Immenstädter Marienplatzes' waren weitere Themen, über die sich der wortgewandte Gemeindediener ausließ.
Und zur Kirchmann-Nachfolge in Rettenberg meinte Leonhard abschließend: 'Jeden Hinz und Kunz wollte man auch nicht nehmen - jetzt hat man sich halt für den Kunz entschieden.'
Das hörige Publikum hing an den Lippen des 'Gmuindsdiener Leonhard'. Man war sich einig: Dieser Helmut Mayr in Person des Gemeindedieners wird langsam zur Rettenberger Kultfigur.