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Der Hildebrandt hat nicht gefehlt

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Der Hildebrandt hat nicht gefehlt

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    Germaringen - Wo bleibt denn eigentlich Dieter Hildebrandt? Seit drei Jahren hatte die Münchner Lach- und Schießgesellschaft kein eigenes Ensemble mehr. Nun gibt es da vier neue Gesichter, die auf den Spuren der altehrwürdigen Politkabarettisten wie Klaus Havenstein, Ursula Herking und Werner Schneyder wandeln. Auf Einladung des Kaufbeurer Kulturvereins Podium präsentierten 'die Neuen', das sind Viola von der Burg, Uli Bauer, Michael Altinger und Holger Paetz, ihr Debütprogramm 'Schöner Denken'. Ein Risiko ist es ja schon, das Traditionsensemble wieder auferstehen zu lassen, doch knüpfen die vier mit ihrer Mischung aus Sketchen, Monologen und Couplets an bewährte Muster an. Neu dabei ist, dass sie nicht nur schreiben und hochqualitativ spielen, sondern auch gleich ihr eigenes Orchester bilden: von der Burg am Cello, Bauer an Klavier und Synthesizer, Altinger am E-Bass und Paetz mit E-Gitarre und Percussion.

    Zahnlose Kaffeetante Joschka Kaum ist der Wahlkampf vorbei, brechen schon die schlechten Nachrichten los. Vom Wolfratshausener Reißwolf Stoiber, der sich in eineinhalb Jahren Wahlkampf aufgearbeitet, doch dabei wenigstens etwas von der Welt gesehen hat - zum Beispiel Sachsen-Anhalt. Eigentlich wollten sie ihn ja dezidiert nicht erwähnen, schließlich sage er ja über sie auch nichts. Gezieltes Schweigen ist da schon härter, aber er - er schweigt zurück! Doch nicht nur die Schwarzen bekommen ihr Fett weg, quer durch die Parteien und Parteigenossen hindurch wird da gelästert und gespottet. Den Scharping Rudi, den man höchstens mit Sagrotan aus den letzten SPD-Ämtern bekommt, nehmen sie genauso noch mit, wie Außenminister Fischer mit seinen Original Joschkachören: 'Seit die verknitterte, zahnlose Kaffeetante angefangen hat, den arabischen Raum zu versöhnen, ist es doch permanent schlimmer geworden.' Dabei zieht Uli Bauer, der schon beim Starkbier-Anstich auf dem Nockherberg ein tolles Ude-Double abgegeben hat, seine Joschkafalten mitsamt den Mundwinkeln bis zum Knie. Dreimal fortgesetzt wird der Unterricht zum deutschen Zaster-Desaster. Dabei ist Insolvenz nicht zu verwechseln mit Inkontinenz, da ist man nämlich nicht mehr flüssig. Gysi und Möllewelle werden kurz gestreift, die Bayern-SPD bleibt unaufdringlich. Sie kann alles 'derwarten', wie 'Mama Renate' den Anruf vom Kanzler. Eine fetzig-respektlose Mathematikaufgabe gibt es auch: Schily heute = Stoiber damals + X, also viel schärfer, dennoch ungenügend, also Beckstein - X. Daraus lässt sich errechnen, wer Stoiber früher war - nämlich die absolute Null. Mit leichter Befangenheit wird das Thema Antisemitismus anhand der Friedman-Möllemann-Affäre angegangen und schließlich als Schaukampf zweier eitler, profilneurotischer Männlein entlarvt. Spürbare Betroffenheit im Publikum, als ein bäuerliches Paar beim Pfarrer leise über den Kaplan klagt, der dem Buben wohl beim Ministrieren zu nahe getreten ist. Nur nicht die Heilige Kirche beflecken, 'also abputzen, weitermachen!'. Schröder wird abgewatscht, weil er mit den Chinesen lieber über Autos als über die Todesstrafe reden will. Nach der Pisa-Studie gibt\'s eine makabre Anleitung zum Selbstmord von den Mitreisenden der S8, die auf der Strecke eine Notbremsung hinlegt. Ein Ruck durch Deutschland! Mitreißend, respekt- und schonungslos hat das neue Ensemble der Lach- und Schießgesellschaft seine Feuertaufe bestanden. Intelligentes politisches Kabarett vom Feinsten, das Regisseurin Eva Demmelhuber und das gutgelaunte Quartett auf die Bühne des Germaringer Hofs legten, vom Publikum mit großem Beifall gefeiert. Elisabeth Klein

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