Als Märchenkönig ging Ludwig II. in die Geschichte ein. Er vererbte Bayern dank seiner Bausucht unter anderem das Schloss Neuschwanstein. Ein architektonischer Ausdruck der Epoche des Historismus - und heute ist das Bauwerk weltweit bekannt. Schon vor über 100 Jahren übte es seine Anziehungskraft aus. Denn damals baute der Eggenthaler Johann Königsperger eine Miniaturausgabe. Noch heute steht das historische kleine Schloss im Garten seiner Nachfahren. Ludwig II. ließ den Bau Neuschwansteins 1869 beginnen und dafür eine ältere Schlossruine und einen Bergfried abreißen. Das Schloss besteht aus einzelnen Baukörpern: der große Pallas mit zwei Türmen, davor die Kemenate und das Ritterhaus mit dem Viereckturm sowie das Torhaus.
Die Backsteinbauten sind mit Kalkstein und einzelnen Elementen aus Marmor und Sandstein verziert. Rund zwei Jahrzehnte war der König der größte Arbeitgeber der Region. Doch als der Monarch 1886 starb, war das Gebäude noch gar nicht fertig - erst 1892 wurden die Kemenate und das Ritterhaus angebaut. Schon damals zog das verschnörkelte Bauwerk vor der wildromantischen Bergkulisse die Menschen in ihren Bann. Was Königsperger bewog, sein Miniaturschloss zu bauen, darüber kann nur spekuliert werden. Ein Faible für besondere Architektur habe er aber gehabt, meint Enkel Hermann Königsperger. Sein Opa Johann führte in Eggenthal das 1860 gegründete Baugeschäft und war Maurer- und Zimmerermeister.
Insofern habe er Kenntnis genug gehabt, sein Wohnhaus in der Straße Am Lugenbach im Jugendstil zu bauen - das einzige Haus in der Gemeinde in dem Baustil, erzählt Hermann Königsperger.
An dem Bach steht das Haus noch heute. Dort stand früher auch die Miniatur. "Diese wurde 1907 in einer äußerst komplizierten aus Holz hergestellten Modellschalung in Stahlbeton gegossen", berichtet der Historiker Adolf Layer. Dafür habe Johann Königsperger rund 200 Arbeitsstunden aufgewandt. Zwar ließ er die Kemenate und das Ritterhaus mit dem Viereckturm weg, doch dafür baute er noch einen würdigen Sockel: etwa 50 Zentimeter hoch und rund 20 Zentimeter im Durchmesser. Im Original sollen sogar noch ein bronzener Adler und eine kleine Grotte an den Seiten angegliedert gewesen sein - die nun aber nicht mehr zu sehen sind.
Als Hermann Königspergers Vater vom Lugenbach an den Schönblick zog, nahm er das Bauwerk mit. Deshalb steht es noch heute dort: Büsche und Bäume bilden zwar nur begrenzt eine wildromantische Bergkulisse, aber der Blick auf das Mühlbachtal bis zur Schleifmühle und Romatsried könnte auch eines Königs würdig sein.