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Den Details einer Abtei auf der Spur

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Den Details einer Abtei auf der Spur

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    Von Freddy Schissler Kempten - Dem Zufall überlässt Ralf Lienert nichts. Zumindest nicht bei seiner fotografischen Arbeit rund um die Basilika Ottobeuren. Jenem Juwel im Unterallgäu, das von tausenden von Leuten als Ausflugsort angesteuert wird und von dem die meisten hinterher schwärmen: 'Mächtig und wunderschön.' Mit seiner Kamera hat er sich viele Monate in der Benediktinerabtei Ottobeuren umgeschaut und markante Plätze, Orte, Kunstwerke oder versteckte Details im Bild festgehalten. Er ist nicht aufs Geratewohl losgegangen, sondern mit einem genauen Plan und einem kundigen Begleiter an der Seite: Frater Bonifazius. Das Ergebnis dieser gemeinsamen Spaziergänge in der Abtei lässt sich in einem Kalender bewundern. Titel: 'Einsichten - Benediktinerabtei Ottobeuren 2007' (Gesamtherstellung Allgäuer Zeitungsverlag, 9,80 Euro - davon gehen 3 Euro an den Förderverein Vereinigung der Freunde der Benediktinerabtei Ottobeuren).'Details wollte ich sichtbar machen', sagt Lienert, Fotograf unserer Zeitung, 'Dinge, die man als Besucher nicht unbedingt wahrnimmt.' Die Vorlage zu diesem Kalender lieferte ihm Markus Brehm, Vorsitzender der Freunde der Benediktinerabtei. 'Er hatte die Idee dazu', erzählt Ralf Lienert, und schon nach wenigen Gesprächen sei klar gewesen, in welche Richtung die Geschichte laufen solle. 'Fast jeder kennt das Kloster', meint Lienert, 'aber die wenigsten Innenansichten oder Kleinigkeiten, die nicht sofort ins Auge springen.' Der Klausurgang im 2. Stock zum Beispiel, von dem die Türen zu jenen kleinen Zimmern abgehen, in denen die Mönche wohnen; der Prälatengarten, der einst als Lustgarten des Abtes geplant war und heute ein Bienenhaus mit rund 100 Bienenvölkern zum Mittelpunkt hat; das Treppenhaus zum Kaisersaal, geschmückt mit filigranem Stuck des Architekten Carlo Andrea Maini. Dieser Kalender soll keine Eintagsfliege sein, sondern in den nächsten Jahren immer wieder aufs Neue aufgelegt werden. Motive, sagt Lienert, gebe es genug - ausreichend für mindestens zehn Jahre.

    'Das Motiv für November 2008', verrät der AZ-Fotograf, 'habe ich bereits im Kopf: Die Klosteranlage in Nebel gehüllt.' Auf den wird er geduldig warten. Wie gesagt: Der Mann überlässt nichts dem Zufall. Nicht nur mit der Kamera geht er vielen Dingen auf den Grund. In zahlreichen Büchern hat der 43-Jährige Geschichte der Region festgehalten. Gebündelt zwischen zwei Buchdeckeln. Zum Beispiel die 'Geschichte der Juden in Kempten'. Fast vier Jahre lange recherchierte Ralf Lienert im Rahmen dieses Themas, besuchte Familien, die unter der Judenverfolgung litten. Die ihm Erlebnisse voller Leid schilderten, und ihn in seiner mitunter mühevollen Arbeit bestätigten: 'Für mich ist es wichtig, das Rad der Zeit zurückzudrehen und an frühere Tage zu erinnern.' Heimatgeschichte, lebendig erzählt: So will er seine Bücher verstanden wissen, weshalb er sagt: 'Ich will weniger mit Zahlen hantieren, sondern vielmehr die Leute erzählen lassen.'Ein anderer Band, den er vor einiger Zeit herausgegeben hat, beschäftigt sich mit der Chapuis-Villa in Kempten - ein Haus, das heute Platz bietet für Behinderte und Schädel- und Hirnverletzte. Was war in diesem Gebäude früher? Wer kümmerte sich um das Anwesen mit einem großen Bürgerpark? Fragen, die ihn beschäftigen und nicht loslassen. 'Seit den 80er Jahren', sagt Ralf Lienert, 'beschäftige ich mich mit Heimatgeschichte.' Und fragt man nach Vorbildern, denen er nacheifert, fallen Namen wie Dr. Alfred Weitnauer oder der einstige Kreisheimatpfelger Kornelius Riedmiller. In ihren Fußstapfen, versichert der 43-Jährige, bewege er sich gerne.

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