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"Dem Park wurde die Seele genommen"

Lindenberg

"Dem Park wurde die Seele genommen"

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    Mehr als 20 Jahre lang, von August 1986 bis Oktober 2007, war Joe Peinze Leiter des Feriendorfs auf dem Nadenberg, als Nachfolger des legendären Gerd Fey, der seit der Gründung der Anlage 1960 als umsichtiger Dorfschulze den guten Ruf in Berlin aufgebaut hatte. "Die Zeit der Mutmaßungen, der Befürchtungen und der Ängste sollte beendet werden. Roompot muss mit offenen Karten spielen," fordert Peinze im Pressegespräch mit unserem Redaktionsmitglied Armin Dorner.

    Warum musste die Stiftung Hilfswerk Berlin ihre drei bayerischen Feriendörfer abgeben?

    Joe Peinze: Ausgangspunkt des wirtschaftlichen Niedergangs in Lindenberg, Eisenärzt und Grafenau, die sich vor allem als Ferienziele für Familien mit niedrigem Einkommen verstanden, war wohl der enorme Sanierungsstau. 1960, bei der Eröffnung, war ein nur 33 m² großes Ferienhaus für eine Familie mit 2 Kindern okay. Der Stiftung fehlte nach der Wiedervereinigung das Geld zur nötigen großen Sanierung. Zusätzliche Belastung entstand durch den unerwarteten Entzug der Gemeinnützigkeit. Insolvenz und Schließung drohten.

    Was haben Sie als Dorfleiter von der Übernahme Ende 2006 mitbekommen?

    Peinze: Mit Roompot trat ein holländischer Käufer an, der zusätzlich zu den bereits 50 Parks in Holland nun auch auf dem deutschen Markt Fuß fassen wollte. Weil die Bayernparks mit Spendenmittel gebaut und fast 50 Jahre mit entsprechenden Zuschüssen aus der Fernsehlotterie betrieben wurden, ist erstaunlich, dass die Öffentlichkeit nicht die geringsten Informationen über den Verkauf an einen gewerblichen Betreiber erhielt.

    Was unternahm der neue Betreiber?

    Peinze: Nach einer sechsmonatigen "Schonzeit" agierte Roompot mit harten Bandagen in allen drei Parks. Den Feriendorf-Leitungen und den meisten älteren Arbeitnehmern wurde gekündigt. Bei Vollbelegung wurden äußerst lärm- und schmutzintensive Sanierungsarbeiten durchgeführt, die Stammgäste vertrieben. Die Streichung vieler Serviceleistungen, von denen gerade Familien im besonderen Maße profitierten, tat ein Übriges zum Einbruch bei den Belegungszahlen.

    Dem Park wurde die Seele genommen.

    Welche Organisationsform hat der Bayernpark inzwischen?

    Peinze: Nach der Übernahme durch Roompot gabs überraschenderweise für Lindenberg zwei Bayernpark-Firmen, beide mit gleicher Geschäftsstellen-Adresse irgendwo im Ruhrgebiet, nahe der holländischen Grenze. Zum einen gibts die Bayernpark Lindenberg Immobilien GmbH; ihr gehört der vollständige Grund mit allen zugehörigen Gebäuden. Im Unternehmensregister im Bundesanzeiger erfährt man über diese GmbH nichts. Die zweite, die Bayernpark Lindenberg GmbH ist lediglich eine Betreiberfirma. Ihr gehört nichts. Sie managt den ganzen Betrieb im Zusammenhang mit Personal, Vermietung, Gastronomie und mit dem kleinen Lebensmittelladen. Diese GmbH kann bei der schlechten Belegung, für 2008 liegt sie unter 30 Prozent, nur überleben, weil Roompot die Defizite trägt.

    Verstehen Sie das Konzept von Roompot, den Park um 37 Häuser zu erweitern, um die Ertragslage des Bayernparks zu verbessern?

    Peinze: Es war von Roompot-Seite die Rede davon, dass man an die Erweiterung und an die neue Gastronomie und den neuen Einkaufsladen Umsatzerwartungen von 3,75 Millionen Euro knüpft; 1,5 Mio durch den Beherbungsbetrieb, 1,5 Mio mit der Gastronomie und 750000 Euro mit dem Laden. Diese Umsatzerwartungen sehen absolut utopisch aus. Der Umsatz 2006 lag bei einer Belegung von über 50 Prozent bei insgesamt 1,5 Mio Euro. Die Zahlen sprechen für sich.

    Was hat Roompot Ihrer Ansicht nach mit dem Bayernpark vor?

    Peinze: Vielleicht hat die zunehmende Zahl von Skeptikern in Lindenberg recht, die befürchten, dass Roompot im Grunde genommen den Bayernpark erworben hat, um ein ganz anderes Geschäftsmodell zu fahren. Ein erster Schritt für ein solches Szenario könnte sein, dass man zunächst nichts gegen die aktuelle desolate Lage unternimmt. Dann könnte man die Bayernpark Lindenberg GmbH in absehbarer Zeit "in die Insolvenz gehen lassen". Danach wird das Feriendorf zunächst geschlossen. Dann könnte man eine Änderung des Bebauungsplanes und eine Aufteilung des Parks in kleine Parzellen beantragen. Auf diese Parzellen werden dann Ferienhäuser gebaut und gewinnträchtig verkauft. Die neuen Besitzer der Ferienhäuser beauftragen Roompot oder eine andere Betreiber-Firma mit der Vermietung, Vermarktung und dem operativen Geschäft.

    Die Stadt steht auf dem Standpunkt, eine Rollladensiedlung muss unbedingt verhindert werden. Deswegen haben seit Sommer des vergangenen Jahres die Juristen das Wort. Befürchten Sie Ähnliches?

    Peinze: Läuft dieses geschilderte Modell mit den Ferienhäusern, aus welchen Gründen auch immer, schlecht, verabschiedet sich die Betreiberfirma. Dann ist zu befürchten, dass sich das Feriendorf zu der Rollladensiedlung entwickelt, die die Stadt verhindern will. Dieses Szenario könnte erklären, warum Roompot das bislang so erfolglose Geschäft der Betreiberfirma so erstaunlich geduldig seit mehr als zwei Jahren hinnimmt.

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