das Brautkleid geopfert Bertoldshofener bereiten sich auf Gaudiwurm vor. Von Helmut Kustermann Bertoldshofen Sie geraten geradezu ins Schwärmen, wenn sie vom Oberdorfer Gaudiwurm erzählen. 'Es gibt mir viel, bei dem Umzug mitzulaufen. Das ist einer der Höhepunkte des Jahres', sagt Richard Wiedemann. Und Hans Thier hat ein 'Kribbeln', wenn es am Faschingssonntag durch die Marktoberdorfer Straßen geht und vermutlich wieder mehr als 30 000 Zuschauer an den Straßenrändern stehen. Wiedemann und Thier kommen aus einem Fasnachts-verrückten Dorf. Weit über 100 Bertoldshofener werden am Sonntag in sechs verschiedenen Gruppen beim Gaudiwurm dabei sein.
'Wir bilden sozusagen einen Zug im Zug', erzählt Wiedemann. 'Alle Bertoldshofener laufen hintereinander her.' Das gemeinsame Motto lautet 'Carneval Brasil'. Tips für die Gestaltung der Wagen gab es aus erster Hand: 'Ein Bertoldshofener hat eine brasilianische Frau', sagt Wiedemann. Er gehört zur Gruppe 'TSV Junggebliebene'. Außerdem sind 'TSV Alt', 'Gassner Fasnachtsverein', 'Stammtisch Königswirt', 'Rocky Docky'- eine Gruppe junger Leute - und die Musikkapelle beim Gaudiwurm mit von der Partie.
Auf einem Bauernhof in Hausen bei Bertoldshofen wird an diesem Vormittag kräftig gewerkelt. Der Wagen von 'TSV Junggebliebene' entsteht. Die Holzgerüste sind fertig und mit Pappdeckel verkleidet. Jetzt müssen die Gestelle noch mit Goldfolie überklebt werden. Von dort winken am Faschingssonntag die Bertoldshofenerinnen zu Samba-Klängen ins Publikum. Die Vorbereitungen auf den Gaudiwurm laufen schon seit Wochen. 'Die Frauen nähen die Kostüme', erklärt Wiedemann die Rollenverteilung. Für den Fasching opfern sie sogar ihre Brautkleider. Bunte Folien werden angenäht, um den Kleidern einen brasilianischen Anstrich zu verpassen.
Bei den Arbeiten für den Umzug kommt die Geselligkeit nicht zu kurz. 'Wir haben miteinander gebastelt, ein paar Bier getrunken und Pizza gegessen', erzählt Wiedemann von dem Treffen, als die Männer ihre Zylinder fertigten. Der Aufwand für den Gaudiwurm ist enorm. Beim 'Stammtisch Königswirt', dem Thier angehört, kommen insgesamt rund 250 Arbeitsstunden zusammen. Der Stammtisch stellt den Zuckerhut vor: Mit einem überdimensionalen Zuckerpack und einem Hut oben drauf. Auch zahlreiche Kinder gehören zur Bertoldshofener Gaudiwurm-Mannschaft. So tritt ein Trommlergruppe auf. Die Trommeln waren früher Lackkübel. 'Es macht Spaß, beim Umzug dabei zu sein', fiebern Johannes, Michael, Christian und Hannes, alle zwischen 11 und 13 Jahre alt, ihrem Auftritt entgegen.
Beim 'Stammtisch Königswirt' ist die Fasnacht ein Treffpunkt von Leuten, die sich im Laufe der Jahre immer mehr aus den Augen verloren haben. 'Heuer werden wir wohl das letzte Mal beim Gaudiwurm dabei sein', bedauert Thier. Familiäre und berufliche Verpflichtungen ließen kaum noch Zeit für Faschings-Aktivitäten, so der knapp 40-Jährige, im richtigen Leben Marktoberdorfer Niederlassungsleiter bei der Volksbank Ostallgäu. 'Ich kann mir aber nur schwer vorstellen, beim Umzug am Straßenrand zu stehen und zuzuschauen.'