Von Michaela Vogt Buchloe - Mit 70 Kilometern pro Stunde über verschneite Wiesen jagen. Wer bisher gedacht hat, dies sei nur mit einem motorisierten Gerät möglich, der irrt sich. Snowkiten heißt die neue Wintersportart, die nur mit Hilfe der Windkraft derartige schnelle Geschwindigkeiten schafft. Dietmar Böss, Gründungsmitglied des Buchloer Windsurfing-Clubs, ist bekennender Snowkiter und ließ sich diesen Winter oft auf Skiern von einem lenkbaren Zugdrachen über die Felder durch den Pulverschnee ziehen. Seit über fünf Jahren sei er nun schon mit dem 'Snowkite-Virus infiziert', betont Böss, der in Türkheim wohnt. Früher verbrachte er seine Zeit im Winter häufig mit Eissegeln und Eissurfen. Aber seitdem er das Snowkiten (Snow: Schnee; Kite: Drachen) für sich entdeckt hat, lässt ihn diese Sportart, die derzeit immer mehr Anhänger findet, nicht mehr los. Entdeckt hat er das Snowkiten kurioserweise auf einer Reise nach Südafrika. Dort beobachtete er junge Menschen, die sich von einem Drachen über das Wasser ziehen ließen. Damals dachte er sich, dass dies auch im Schnee möglich sein müsste. Heute trainiert er häufig auf einer Wiese zwischen Türkheim und Rammingen. 'Wenn die Winde stimmen, erreicht man auf den Feldern schnell Geschwindigkeiten von 50 bis 70 Stundenkilometern', erklärt Dietmar Böss bei einer seiner Trainingseinheiten und wirft dabei einen Blick auf sein GPS-Gerät. Mit Hilfe dieses Senders kann er seine gefahrenen Geschwindigkeiten problemlos nachvollziehen. 'Deshalb ist ein Helm zum Schutz auch vorgeschrieben.'
Weltmeisterschaft in Norwegen Seit diesem Jahr gibt es sogar eine richtige Snowkite-Tour - auch Böss hat sich daran beteiligt. Insgesamt finden dabei vier Rennen statt. Gestartet wurde in der Nähe von Salzburg, am Silvaplana See (St. Moritz), in St. Petersburg und den Abschluss der Tour wird die Weltmeisterschaft vom 5. bis 9. April in Norwegen bilden. 'Dieses Jahr werde ich wohl nicht an der Weltmeisterschaft teilnehmen können, da Norwegen sehr kostspielig ist', bedauert Böss. Mit seinen 54 Jahren gehört er aber noch lange nicht zum alten Eisen. Als bester Deutscher unter 168 international gemeldeten Fahrern rangiert er nach drei Rennen bei der Tourrangliste auf dem sechsten Platz. 'Beim Kiten ist auch viel Taktik gefragt. Wer vorne dabei sein will, sollte schon mit einem Satz von zehn Drachen anreisen. Die Kunst des Kitens bei den Regattafahrten besteht darin, die richtige Drachengröße zu wählen.' Dabei haben die meisten Drachen eine Größe zwischen zwei und fünfzehn Quadratmetern. Der derzeitige Speedrekord liegt bereits bei 108 Stundenkilometern. In der Wintertour gibt es zwei Rennklassen. Entweder man lässt sich mit den Skiern oder mit dem Snowboard vom lenkbaren Zugdrachen ziehen. Dabei muss, ähnlich wie beim Surfen, ein abgesteckter Dreieckskurs mehrfach umrundet werden. Wie gut Dietmar Böss ist, hat er im vergangenen Jahr bei der Weltmeisterschaft in Finnland unter Beweis gestellt. Trotz Innenbandriss landete er auf einem 14. Rang. In der Klasse der über 50-Jährige wurde er sogar Weltmeister. 'Von Jahr zu Jahr wird Snowkiten bekannter', und Dietmar Böss fügt stolz hinzu, 'ich gehöre sozusagen noch zu den Snowkite-Pionieren. Es ist einfach faszinierend, mit dem freien Gut Wind zu spielen und sich kilometerlang durch unberührte Landstriche ziehen zu lassen.'Heute bieten die Drachen wesentlich mehr Sicherheit als früher. Die neuen 'Depower'-Drachen ermöglichen es dem Lenker schnell, die Kraft aus dem Drachen herauszunehmen, wodurch das Bremsen vereinfacht wird. Zwar ist das 'Snowkiten' prinzipiell leicht zu erlernen, dennoch rät Dietmar Böss, diese Trendsportart nicht ohne Schulung anzufangen. i Wer Interesse am Snowkiten hat, kann sich bei Dietmar Böss unter der Rufnummer 08245/1564 informieren.