Das Osterlamm - nach der biblischen Tradition in erster Linie ein Opfertier. Wo heute kein Blut mehr fließt, rollen dennoch Köpfe. Für Kinder ist es eine wahre Freude, den zu Ostern gebackenen Lämmern gleich das Haupt abzubeißen.
Gebackene Lämmer im Barock
Das wehrlose, unschuldige Lamm soll an das Opfer erinnern, das Jesus in der Zeit vor Ostern für die Menschen erbracht hat. Die Dekoration der Lämmchen ist meist eine Fahne. Die Auferstehungsfahne. Sie stellt den Sieg über den Tod dar. So werden Opfer und Auferstehung Christi in einem Symbol vereint. Auf das Leid folgt also die Freude. Da mit Ostern auch die Fastenzeit ein Ende nimmt, freuen sich die Landfrauen Erika Klotz und Anneliese Merkle aus Dietmannsried (Oberallgäu) auf das süße Kuchentier. Die Bäuerinnen zeigen, wie ein Osterlamm "Wiener Art" gebacken wird und auf welche Feinheiten man achten muss. Die Tradition der gebackenen Lämmer gibt es bereits seit dem Barock. Im Allgäu ist der christliche Brauch weit verbreitet. Die kunstvollen Blechbackformen vererben Mütter an ihre Töchter. So auch bei den beiden Landfrauen. "Die eine Form hab ich von meiner Schwiegermutter. Und die Siegesfahne hat die Schwiegermutter meiner Schwester selbst gestickt", zeigt Merkle stolz ihre Utensilien. Ihre Freundin Erika Klotz hat zum Backen Eier vom Nachbarhof mitgebracht, mit kräftig gelbem Dotter: "Da sieht man, dass die Tiere frei herumlaufen und im saftigen Gras picken dürfen." Das Gelege der Glücklichen gebe auch eine satte Farbe für das Osterlamm.
Kein Hexenwerk
Unter schwerem Rattern zaubert Merkle mit dem Rührgerät aus Dotter, Zucker, Butter und Geschmackszutaten eine helle Schaummasse. Klotz kümmert sich derweil um den Eischnee und das Einfetten der Lämmchen: "Entweder man nimmt Butter und Semmelbrösel, oder Butterschmalz und Mehl, sonst klebts", sagt die erfahrene Bäckerin. Sie hat zuvor mit ihren beiden Schülerinnen von der Immenstädter Hauswirtschaftsschule sechs Rezepte für Osterlämmer getestet und nur das Beste mitgebracht. Doch backen ist nicht gleich backen. "Es kann jedes Mal anders werden. Am Wetter liegts auch manchmal", lacht die Bäuerin und siebt die Stärke und das Mehl auf Eischnee und Eimasse. Bei Mehl schwört sie auf Dinkel. "Das schmeckt gut, ist etwas dunkler und griffiger.
" Beim Unterheben mit dem Schneebesen ist etwas Feingefühl gefragt, aber ein Hexenwerk sei das Lämmchen nicht. "Man muss sich beim Backen nur genau an das Rezept halten, gute Zutaten verwenden und mit Ruhe und Liebe zubereiten." In 15 Minuten ist der Teig gerührt, in der Form und im vorgeheizten Ofen. Jetzt heißts Küche während der 35 Minuten Backzeit sauber machen und auf ein gutes Ergebnis hoffen.
Mit dem Weihekorb zur Messe
Der Teststich mit dem Holzstäbchen in den Lammbauch zeigts: durch oder nicht? Durch. Nach kurzem Abkühlen wird das noch warme Gebäck in der Form geklopft, dass es sich leichter löst.
Mit dem Kopf zuerst folgt die Geburt: Hurra, das Lamm ist da! "Für jemanden, der gerne bäckt, ist die größte Freude, wenn das Endprodukt schön geworden ist", sagt Merkle, die gleich das Lämmchen mit Puderzucker bestäubt, ihm das Glöckchen umhängt und die Fahne hineinsteckt.
An Ostern kommt das Lamm mit Brot, Salz, Schinken, bunten Eiern und Meerrettich auf ein Osterdeckchen in den Weihekorb und wird zur Messe mitgenommen. Dort werden die Speisen gesegnet und beim Osterfrühstück heißt es: Kopf ab!