Was schmeichelt einem Gebäude von solch imposanter und zugleich filigraner Schönheit mehr als Klaviermusik? Als Valerij Petasch auf den schwarzen Flügel zugeht, verstummt das Publikum zwischen den hohen Marmorsäulen des Memminger Kreuzherrnsaals. Und als er zu spielen beginnt, legt sich ein Zauber auf die Zuhörer.
Würde der Pianist nun den Kopf heben und auf die Stuhlreihen blicken, könnte er sehen, dass viele mit geschlossenen Augen dort sitzen, in entspannter Haltung, innerlich ein bisschen entschwebend. Vielleicht nach draußen, vielleicht auch nur nach oben zu den Engeln an der Stuckdecke. Doch der Ausnahmepianist aus Russland blickt nicht auf. Während seine Finger über die Tasten fliegen und aus den Werken von Schubert, Liszt, Ravel und Mendelssohn Bartholdy mit technischer Brillanz und fast meditativer Kraft fantastische Klangwelten aufbauen, scheint er selbst tief in seinen Tönen versunken.
Eigene Kompositionen
Eine Mischung aus entspanntem Einfühlen und angespannter Konzentration - die sich in einem charmanten Lächeln löst, sobald er nach dem letzten Anschlag sein Instrument loslässt - zeigt sich auch während Chopins "Walzer a-moll". Hier wird klar, weshalb Petasch Ehrenmitglied der internationalen Chopin-Society für "herausragende Chopin-Interpretation" ist. Um sich der schwierigen Akustik des großen Saals anzupassen, ändert er das ursprüngliche Programm etwas ab. Dafür sind vor allem seine eigenen Kompositionen gut geeignet: "Durch die Finger fließen" klingt tatsächlich, als seien die Klaviertasten etwas Weiches, Geschmeidiges. Und auch in "Carneval" und "Ewige Bewegung" hört im harmonischen, wellenhaften Aufbau nicht nur Noten, sondern Petaschs eigene Ideen und Stimmungsbilder heraus.
Ovationen im Stehen
Der Künstler, dessen Favoriten die Komponisten der Romantik und des Impressionismus sind, konzertiert um den ganzen Globus. Außerdem bildet er an der Universität Ulm als Dozent der "Meisterklasse Klavier" Studenten der Naturwissenschaften im Doppelstudium aus. Als der Pianist nach mehreren Zugaben und stehenden Ovationen das Konzert beendet, befinden sich auch ein paar seiner Schüler unter den Applaudierenden. Ihrem Lehrer ist an diesem großartigen Abend definitiv gelungen, was er ihnen stets zu vermitteln versucht: das Herz der Tasten zu erreichen und damit das Herz der Zuhörer.