Es mutet an, wie der Kampf von David gegen Goliath. Werner Blind spuckt das Feuer in den wolkenverhangenen Himmel, als wolle er böse Geister vertreiben. Der Artist ist auch bei der Eröffnung des 20. Lagerlebens am Freitagabend eine spektakuläre Nummer im Programm. Der Spielmannszug Lauingen bläst gegen das drohende Unwetter an, und der Fanfarenzug Daugendorf trommelt wie besessen. Es hilft nicht. Die Marktleute drängen sich unter die Tribünendächer vor dem Rathaus, bunte Regenschirme entfalten sich. Es tröpfelt immer wieder aus der Wolkendecke. Dann Schauer. Später Dauerregen.
Doch ein solches Wetter kann die standesgemäße Eröffnung des Lagerlebens nicht verhindern. Tausende beklatschen den Einzug der Gruppen und der Gauklergruppe Anam Cara, die Menschentürme baut und gemeinsam mit der Seilspringertruppe Szombathely begeistert. Der Bürgermeister von Buron (Oberbürgermeister Stefan Bosse) und der für Recht und Ordnung zuständige Lea Beck (Ulrich Wiedemann) lassen mit fröhlichen Reimen und bei tosendem Applaus all jene Gruppen und Darsteller hochleben, die von Anfang an dabei sind: Feuerschlucker Werner Blind, die Gauklergruppe Compania Gioccolari (vormals Spanische Vanille), die Kulturwerkstatt, die Kramerzunft (vormals Aktionsgemeinschaft), der Heimatverein, die Burgspiele Kemnat, der Kirchenchor St. Martin, Aufbruch-Umbruch und die Feuerwehr. Wie Blind sind alle seit 19 Jahren mit Feuereifer dabei.
"Ein Bläschen hier, ein Bläschen dort - Feuer ist nun mal heiß", sagt der 67-Jährige, dessen Kulisse die Dunkelheit ist. Trotz der kleineren Blessuren (Sein Rat als Großvater: "Niemals nachmachen.") und nach überstandenen gesundheitlichen Problemen lodert das Feuer für das Tänzelfest in ihm und seiner drei Generationen umfassenden Truppe aus Familienmitgliedern noch immer.
Doch findet die Obrigkeit an diesem Abend auch mahnende Worte: "Hütet euch vor den Beutelschneidern", rät Lea Beck und fordert das Volk auf, sich an dem Privileg (des Festes) zu freuen". Das Marktrecht war erteilt, als Michael Brokamp im Gewande des Prokurators die Paragrafen der Marktordnung vorträgt, nach denen es verboten ist, ohne Maß zu saufen. Denn Unzucht dieser Art lasse den Kopf verblöden.
Bei Strafe untersagt ist es, fremden Gerstensaft durch die Tore zu bringen, damit dem Kaufbeurer Bier kein Leid geschehe. Auch hallt der Hinweis durch die Gassen, dass "Belästigungen, wie das Pöbeln, Rülpsen oder auch ruchloses Anschmotzen braver Bürger, nicht geduldet werden".
Neumodisches Zeug
Verdeckt werden sollen auch im Mittelalter so unbekannte Dinge wie Armbanduhren und Handys, mahnt der Prokurator. Regenschirme erwähnt er vorsichtshalber nicht, denn bei aller Authentizität bleibt dieses neumodische Zeug beim Lagerleben heuer wohl unverzichtbar.