Startseite
Icon Pfeil nach unten
Allgäu
Icon Pfeil nach unten

Das Eis schmolz

Allgäu

Das Eis schmolz

    • |
    • |

    Von unserem Redaktionsmitglied Birgit Klimke, Kempten - Es war ein Konzert, bei dem sich die Künstlerin und ihr Publikum erst wieder aneinander gewöhnen mussten. Den Eindruck hatte man zumindest, als am Sonntagabend auf der Bühne der Kemptener Burghalde die Lichter angingen. Zurückhaltend wirkte das Publikum, das dort saß. Nur wenige der rund 1500 Fans trauten sich ganz nach vorne. Dorthin, wo vor fast zwei Jahrzehnten ein Riesengedränge stattgefunden hätte, wenn Nena auf die Bühne gekommen wäre. Als sie jetzt in Kempten im Scheinwerferlicht stand, war die Spannung auf beiden Seiten spürbar. Schwarze Lederjacke, weißes Trägershirt, grüne Bundeswehrhose - das ist also die Nena von heute. Sehen wollte sie in Kempten vor allem die Generation, die die Sängerin noch ganz anders in Erinnerung hat. Etwa als Bravo-Starschnitt, der Mitte der 80er-Jahre an so mancher Zimmertür hing: Nena im roten Leder-Mini. Doch nicht nur die Zuhörer schienen sich zu erinnern: 'Ist es nicht verrückt, dass ihr immer noch da seid? Und dass ich immer noch hier oben stehe?' Fast behutsam näherten sich der Star und seine Fans einander an. Zunächst war Nena auf der Bühne aber kaum wiederzuerkennen. Den Liedern 'Satelitenstadt' und 'Tanz auf dem Vulkan' fehlte es gehörig an Tempo. Und auch die Sängerin wirkte statisch.

    Die erste zaghafte Kontaktaufnahme brachte die Situation auf den Punkt: 'Ihr seht sehr freundlich aus - danke.' Doch als dann, viel früher als erhofft, die ersten Töne von 'Leuchtturm' einsetzten, schmolz das Eis. Plötzlich war der Platz vor der Bühne gefüllt, und auf den Rängen blieb kaum jemand sitzen. Nena selbst war so überrascht, dass sie den Faden verlor und gleich noch einmal von vorne anfangen musste, was ihr im Laufe des Abends noch zweimal passieren sollte. Dann war auch sie langsam in ihrem Element, gab sich lockerer und fing an, in altbekannter Manier mit den Musikern zu flirten. Danach jagte ein Hit den anderen. Und bei 'Nur geträumt' und '99 Luftballons' rissen trotz des Regens die Jubelrufe nicht mehr ab. Bis zur letzten Strophe sangen die Fans lauthals mit - Ohrwürmer hat man eben auch nach 20 Jahren noch im Kopf. Zur Zugabe zeigte sich Nena in Höchstform. Ohne ihre Musiker im Rücken bot sie dem Publikum ein Wunschkonzert und sorgte mit Balladen wie 'Der Anfang vom Ende' für Gänsehaut. Mit ihren improvisierten Einlagen an der Gitarre beeindruckte sie nicht nur die Fans, sondern schien selbst einen Riesenspaß zu haben: 'Ich mach' jetzt noch'n bisschen Party. Ihr könnt gerne bleiben.' Sie blieben. Und sie ließen Nena und ihre Band nicht gehen, bevor sie nicht zum Ende des zweistündigen Konzertes noch einmal 'Leuchtturm' spielten. Beim ersten Mal waren schließlich weder Fans noch Sängerin richtig warm gelaufen.

    Diskutieren Sie mit
    0 Kommentare
    Dieser Artikel kann nicht mehr kommentiert werden