Die deutsche Elf fegt die Argentinier mit 4:0 vom WM-Feld. Da bleibt nur noch eins: mit den Sportfreunden Stiller zu singen: "Mit dem Herz in der Hand und der Leidenschaft im Bein werden wir Weltmeister sein." Was die Besucher im Lindauer Eichwaldbad nach dem Schlusspfiff auch unverzüglich tun. Tausende von deutschen Fans liegen sich hier in den Armen, jubeln, singen, tröten und tanzen. Wenn das kein heißer Tag war. In Lindau hat die Sonne vom Himmel gebrettert, im Green Point in Kapstadt spielte die deutsche Nationalelf im Viertelfinale die Argentinier schwindelig.
Aber ganz von vorne: Tor für Deutschland durch Thomas Müller in der 3. Minute. Im Eichwaldbad springt alles von den Sitzen und Decken, auf die man sich gerade niedergelassen hat. Riesenjubel und dann Gelächter, als die Kamera gleich weiter auf Argentiniens Trainer Diego Maradona schwenkt. Der Mann ist zur Salzsäule erstarrt - das personifizierte Elend. Er hat die Arme gekreuzt, die "Hände Gottes" unter die Achseln geklemmt. Weine nicht, Argentinien. Es kommt noch schlimmer. Denn in der zweiten Halbzeit will Miroslav Klose auch noch und Arne Friedrich ebenso - und weils so schön war Klose noch mal. Die Fans im Bad toben vor Begeisterung: "Oh, wie ist das schön!"
Was es alles gibt beim Public Viewing. Zum Beispiel einen wahrhaftigen Junggesellenabschied. Bei der Gruppe aus Ulm sind die Fußball-Sympathien geteilt. Schwarz-Rot-Gold bekränzt ist Gerd Koleck, der in der Pause davon ausgeht, dass Deutschland gewinnt und es beim 1:0 bleibt. Andreas Maier hat sich in die argentinischen Farben geworfen und behauptet im Brustton der Überzeugung, dass die Gauchos weiterkommen. Warum? "Weil sie einfach besser Fußball spielen können", sagt Maier laut und deutlich. Er ist übrigens der, der unter die Haube kommen wird. Und seine zukünftige Frau ist Argentinierin. Was natürlich alles entschuldigt (Liebe macht ja bekanntlich blind).
Was es auch noch gibt: Neben all den friedlich-fröhlichen Fans eine Spezies der überholten Art: "Das war gar nichts", regt sich ein mit deutscher Fahne umhängtes Grauhaar über die gelbe Karte für Müllers Handspiel auf und fuchtelt mit den Armen. Der Herr pflegt in regelmäßigen Abständen - bei jedem Foul der Argentinier - grobe Beleidigungen für Messi & Co. auszustoßen. Kein gutes Vorbild für das Jungvolk drum herum. Das reagiert allerdings sozialverträglich und schickt nur einige amüsiert-mitleidige Blicke in seine Richtung.
Aber wie gesagt, die Fans im Eichwaldbad sind ansonsten durch die Bank fröhlich und darüber hinaus noch praktisch (Bikini) oder fantasievoll (Ganzkörperbemalung) angezogen. Beispielsweise Sebastian Zinth, Matthias Graf, Karl-Heinz Leuze, Wolfgang Natterer und Jonatan Rieger aus Weiler.
Sie haben sich komplett in deutsche Farben geworfen. Oben rabenschwarz angemalt, unten goldgelbe Beine und dazwischen die roten Shorts. Wie alle hier genießen sie nicht nur das deutsche Spiel, sondern auch die kleinen Freuden, die das Leben bereithält. "Hier gibts Weißweinschorle mit Eis", sagt eine Lindauerin glücklich, die dazu noch einen der wenigen Schattenplätze ergattert hat. Die gebürtige Holländerin ist "im Moment für Deutschland". Sie meint, es wär perfekt, wenn sie im Finale beide Fahnen zücken könnte.
" siehe auch Allgäu Sport