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Cool sein und literweise Cola trinken

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Cool sein und literweise Cola trinken

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    Von Otto Fritsch Kaufbeuren 'Poker isch einfach cooler als Preisschafkopfen', sagt der junge Bursch und ist sich der Tragweite seiner Worte gar nicht bewusst. Wer einmal beim Schafkopf-Turnier in einer riesigen, rappelvollen Halle gesessen hat, der ahnt, was auf uns zukommt, wenn alle anderen auch so denken.

    Was passiert, wenn die Ausläufer der neuen Pokerwelle ausgerechnet einen Landstrich fluten, in dem die Leidenschaft fürs Kartenspiel genetisch bedingt ist und gleich im Anschluss an den Sonntags-Gottesdienst auch ausgelebt werden muss, zeigte der Start der 'Vive La France Poker-Tour' in Kaufbeuren. 300 Spieler - vorgeschriebenes Mindestalter: 18 Jahre, geschätztes Höchstalter: 28 - wollten ins Finale der Amateur-Runde. Drei haben es geschafft und dürfen zum Tour-Abschluss nach Augsburg. Ihr Geheimrezept: Gute Nerven, jede Menge Haargel und Sitzfleisch, das auch für den Landtag taugen würde.

    Das Spiel um Geld ist verboten

    Zwölf Stunden dauerte das Turnier im VIP-Raum der All-Kart-Halle, dann stand der Gewinner des Hauptpreises fest. Wie beim Preisschafkopfen darf auch beim Pokern nur um Sachpreise gespielt werden. Der Einsatz von Geld, das wissen auch die Stammtischler, ist in Bayern verboten. Mit Gewinnen im Wert von 2 000 Euro (bei einer Anmeldegebühr von 15 Euro) liegen die Poker-Runden aber schon in der Startphase auf Schafkopf-Niveau: Ein Laub-Solo zur richtigen Zeit bringt schon mal eine Karibikreise. In Kaufbeuren durfte der Gewinner einen neuen Flachbildschirm-Fernseher mit nach Hause nehmen.

    Schwierig sind die Begriffe

    Damit sind die Ähnlichkeiten der beiden Gehirnsportarten aber auch schon erschöpft, denn Kartenspielen muss man fürs Pokern nicht unbedingt können. Schwierig am Poker sind eigentlich nur die Vokabeln, denn intellektuell reicht es an Schafkopf, das Schachspiel unter den Kartenspielen, natürlich nicht heran.

    Auch wenn wie in Kaufbeuren nach dem Modus 'Texas Hold’em No Limit' gekartelt wird, bleibt Poker ein Glückspiel. Schmieren, Haxen-Zählen, Spritzen, Färbeln, Abspatzen, Sau-Suchen, Niedertrumpfen und hin und wieder einen Wenz einstreuen, das ist alles nicht gefragt. Man spielt allein und immer gegen alle anderen.

    Erforderlich ist nur ein Minimum an Strategie, dafür aber ein Maximum an Menschenkenntnis - oder genügend Unverfrorenheit. In diesem Punkt sind die Kaufbeurer besonders stark, was pokertechnisch aber nicht immer sinnvoll ist, weil der Einsatz dann besonders schnell weg ist.

    'Die spielen hier sehr aggressiv', meint der 'Dealer'. So heißen die Kartengeber im schwarzem Hemd, die die Marathon-Tour begleiten und mindestens genauso konzentriert sein müssen wie die Spieler und dabei Cola literweise in sich hineinschlürfen. 'Eine abwartende Spieltaktik', meint der Dealer, 'bringt langfristig mehr'.

    'Toller Blick auf die Alpen'

    Dass zum Kaufbeurer Turnierstart gleich 300 Burschen in die Karthalle ('Prima Location mit Casinoflair und tollem Blick auf die Alpen') kamen, hat den Veranstalter - den deutschen Ableger einer englischen Poker-Kette - auch nach 100 Internet-Voranmeldungen positiv überrascht. Man will auf jeden Fall wiederkommen ins Spieler-Eldorado Allgäu.

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