Lindau (bero). - 'Aufbrechen - Leben finden': So lautete das das Motto des 11. Ökumenischen Bodenseekirchentages in Lindau am Wochenende. Workshops, Vorträge, Gottesdienste, ein 'Markt der Möglichkeiten' - das Programm war vielfältig. Pfarrer Hans-Ulrich Thoma, einer der Hauptorganisatoren des Kirchentags gestand ein, dass es immer ein Risiko sei, aufzubrechen: 'Doch gerade in einer Zeit der Veränderung müssen wir öffentlich Zeugnis davon abgeben, was uns wichtig ist.' Der Bodensee-Kirchentag solle daher nicht nur Kommunikationszentrum sein, sondern auch Perspektiven aufzeigen, die über die eigene Begrenztheit hinausgehen. 'Schließlich überschreiten wir sogar die Außengrenzen der EU', so Thoma. Die Ländergrenzen allerdings waren schon in der Vorbereitungsphase locker überschritten worden. Insgesamt befassten sich rund hundert Helfer aus den drei Anrainerstaaten eineinhalb Jahre lang mit den Vorbereitungen. Dass trotz der Begeisterung von Lindaus Oberbürgermeisterin Petra Seidl für den Kirchentag die Dinge nicht immer einfach waren, räumte Pfarrer Eberhard Heuß in der Eröffnungsfeier ein. 'Die Stadt Lindau und die Kirche haben eines gemeinsam: ein großes Loch in der Kasse.
Aber vielleicht lässt es sich mit leerem Geldbeutel leichter zu neuen Wegen aufbrechen und neue eigene Kräfte entdecken.' Der katholische Domkapitular Prälat Dr. Bertram Meier versicherte, dass Ökumene niemals Stillstand bedeuten dürfe - auch wenn vordergründig scheinbar Windstille herrsche. Bischof Vassilios von Aristi (griechich-orthodox) hoffte hingegen, dass durch den Kirchentag der 'Geist des Vertrauens' geweckt werde, damit die Konfessionen gemeinsam ihre christlichen Wurzeln europaweit 'aufs Neue zum Wachsen und Blühen bringen'. Dagegen sieht Regionalbischof Ernst Öffner die Aufgabe der Christen darin, 'die Bedeutung des Glaubens für die Gesellschaft' auszuloten: 'Wie sehr sind wir bereit, den Schatz des Glaubens wahrzunehmen.' Der gemeinsame Glaube und die Begeisterungsfähigkeit der Referenten sorgten dafür, dass einander eigentlich wildfremde Menschen in intensive Diskussionen versanken. Mit zu den beeindruckendsten Persönlichkeiten des Kirchentags dürfte dabei Friedrich Schorlemmer (Evangelische Akademie Wittenberg) zählen, der schon als Referent der Auftaktveranstaltung zum Thema 'Frieden gibt es nur im Herzen deines Feindes' dem Kirchentag mit geballter Rhetorik, Esprit und Einfühlsamkeit die nötige 'Bugwelle' (Thoma) gab. Tiefe Eindrücke hinterließen bei ihren Zuhörern auch die Ausführungen Stephan Schlensogs aus Tübingen zum Thema Weltverantwortung und christlicher Glaube. 'Mir wurde erst jetzt klar, dass die &po_226;goldene Regel' aller Religionen die gleiche ist. Nämlich den anderen so zu behandeln, wie man selbst behandelt werden möchte', schilderte eine Frau ihre Eindrücke. Noch intensiver gestaltete sich der gemeinsame Aufbruch jedoch in den Arbeitskreisen - nicht zuletzt deshalb, weil die meisten Teilnehmer den Mut hatten, auch ihre verletzliche Seite zu öffnen. Dass Arbeitslosigkeit eben nicht nur in statistische Zahlen gefasst werden kann, sondern Menschen zerstört und ihre Würde untergräbt, das wurde erst so richtig deutlich, als sich die Betroffenen selbst zu Wort meldeten.