Von Reinhold Löchle Marktoberdorf/Markdorf - Marktoberdorfer Stadträte im badischen Markdorf: Wer da vermutet, hier bahne sich eine Städtepartnerschaft an, liegt falsch. Vielmehr erkundeten Stadträte zusammen mit der Rathausspitze die Welt der Camper. Schließlich wird in der Ostallgäuer Kreisstadt schon seit zwei Jahren diskutiert, ob am Ettwieser Weiher ein Campingplatz errichtet werden soll (die AZ berichtete mehrfach). Das Vorhaben ist Teilen der Bevölkerung umstritten, Anwohner wehren sich vehement dagegen. Bürgermeister Werner Himmer machte am Ende der Info-Fahrt klar, dass er die Debatte nicht noch ein 'halbes oder dreiviertel Jahr rausziehen' wolle. Noch vor den Sommerferien soll im Bauausschuss über eine Empfehlung an den Stadtrat abgestimmt werden, ob der Flächennutzungsplan so geändert werden soll, dass am Ettwieser Weiher ein Campingplatz errichtet werden kann. Parallel dazu wird über die Aufstellung eines Bebauungsplans entschieden. Dies kündigte Bürgermeister Himmer am Ende der Besichtigungsfahrt zu Campingplätzen in Isny/Allgäu, Salem und Markdorf (beide Orte in Baden) an. Obwohl der Termin schon seit Wochen feststand, reisten - zur großen Enttäuschung von Himmer und Stadtbaumeister Herbert Sauer - nur sieben Räte von CSU, SPD und Freien Wählern mit. Diese erhielten Einblick in ganz unterschiedliche Campingwelten und Platzkapazitäten. Letztere bewegten sich zwischen 60 und 420 Stellflächen. In Isny sind es 7000 Übernachtungen in der Saison, in Markdorf 75 000. Während der Isnyer Platz eher einfachen bis mittleren Standard aufweist und keine Dauercamper aufnimmt, sind auf dem Campingplatz Gern bei Salem auch Saisongäste zu finden. Ihm ist auch eine (abgetrennte) Landwirtschaft angegliedert. Internationales Publikum hat der aus einem Bauernhof gewachsene Campingplatz Wirthshof bei Markdorf. Überhaupt spielt diese vielfach ausgezeichnete Einrichtung gewissermaßen in der Camping-Championsleague mit.
Werbeeffekt und neue Gästekreise Die Marktoberdorfer kehrten mit einer Fülle von Informationen nach Hause. Alle Campingsplatz-Eigentümer hatten deutlich gemacht, dass sich das Geschäft durchaus rechnen kann, aber auch viel Engagement nötig ist. In Salem erfuhren sie von Bürgermeister Manfred Härle und in Markdorf von der stellvertretenden Bürgermeisterin und Platz-Betreiberin Maria Wirth, dass die Einrichtungen ein 'deutlicher Gewinn' für die Gemeinden seien - sowohl wirtschaftlich gesehen wie auch vom Werbeeffekt her. Mit Camping erschließe man auch neue Gästekreise. Konflikte zwischen Campern auf der einen Seite und Anwohner bzw. Landwirtschaft auf der anderen Seite scheint es bei den drei Plätzen nicht zu geben. Allerdings wollte ein Betreiber nicht ausschließen, dass es bei einer direkten Nachbarschaft zu Schwierigkeiten kommen könne. Alle betonten, Camper machten keinen Lärm. Die Besichtigungen hätten gezeigt, so Bürgermeister Himmer, dass man beim Bau eines Platzes auf einen mittleren bis hohen Standard Wert legen müsse: 'Der Luxus von heute ist der Standard von Morgen.' Auch sei deutlich geworden, dass der Standort Ettwieser Weiher konkurrenzfähig wäre. Wenn Marktoberdorf sich zu einem Campingplatz entschließe, seien dort sehr gute Sanitäranlagen und großzügige Stellplätze nötig, ergänzte Sauer, der selbst Camper ist. Die Tour habe zudem gezeigt, dass 'ein Campingplatz eine Aufwertung der Landschaft zur Folge haben kann' und dass ein Miteinander von Camping und Landwirtschaft durchaus möglich sei. Sauer: 'Man muss einer Stadt zugestehen, dass sie ihr Vermögen in Ertrag umsetzt. Wir müssen uns für die Interessen aller einsetzen.'Ob die 'eher positive Stimmung' für einen Campingplatz, die Himmer bei der Fahrt unter den Skeptikern ausmachte, letztlich zu einer breiten Zustimmung führt, steht noch in den Sternen. In der CSU und bei den FW sieht man noch fraktionsintern Diskussionsbedarf. Wichtig wäre auch, so Peter Grotz, einen privaten Investor zu finden.