Von Iris Voracek Kempten - 'Wenn einer heute Nacht einmal in Erscheinung tritt, will ich nicht, dass er ein zweites Mal auftaucht.' Die Worte von Polizeihauptkommissar Karl-Heinz Schader sind deutlich. Im Besprechungsraum der Polizeiinspektion Kempten werden am diesem Sonntagabend gegen 19.30 Uhr die letzten Vorbereitungen auf die Freinacht (die Nacht zum 1. Mai) getroffen. 'Mit unserer Präsenz können wir einiges verhindern', erklärt Schader und blickt in die Runde der uniformierten und zivilen Polizisten. Weitere Beamte der Bereitschaftspolizei Königsbrunn wurden angefordert und sollen bald eintreffen. 'Polizeirecht ganz eng auslegen, bitte', gibt Schader den Streifenbesatzungen mit auf den Weg, als diese sich zu ihren Fahrzeugen aufmachen. Die AZ begleitete die Beamten in dieser Nacht:In einem zivilen Streifenwagen stehen der Hauptkommissar und sein Kollege nach Kontrollfahrten durch Waltenhofen, Betzigau und Börwang an der Ampel Berliner Platz, als über Funk eine von zahlreichen Meldungen eintrifft: Ein Zeuge hatte Unbekannte beobachtet, die im Kemptener Industriegebiet einen Pkw-Anhänger gestohlen haben sollen. Kurz darauf sei dieser eine abschüssige Straße hinunter in die Daimlerstraße gerast - geradewegs in den Zaun einer dort ansässigen Firma.'Wir fahren an', gibt Schader per Funk durch. Mit über 100 km/h saust die Streife auf dem Ring Richtung Gewerbegebiet. In der Daimlerstraße entdecken die Beamten am Straßenrand einen alten VW Polo. Vier junge, in schwarz bekleidete Männer, sitzen darin. Einige Meter dahinter ist nun auch der Anhänger im leicht verbeulten Zaun zu sehen. Zwar seien sie schon etwa 20 Minuten da, doch dass hinter ihnen ein Hänger den Berg herunter in den Zaun gerollt sei, hätten sie nicht bemerkt, beteuern die Vier. Einzeln befragt freilich, was denn genau zu sehen und zu hören war, erzählt jeder eine andere Version. Auch die Sturmhauben, die dunklen Mützen und Handschuhe hätten sie 'zufällig' dabei. Eine weitere Streife durchsucht die Insassen, als ein weiterer Bekannter eintrifft. Er sei 'spazieren gegangen', behauptet er.
Handschuhe und schwarze Kopfbedeckung hat er zuvor hastig ins Handschuhfach seines Autos gestopft, das direkt hinter dem alten VW parkt. Nachdem sich fünf der Insassen ausgewiesen haben, rückt die zivile Streife wieder ab. Einer der Männer muss mit zwei Polizistinnen jedoch im Streifenwagen mit auf die Dienststelle fahren, um die Personalien feststellen zu können. Er hat zwar keine Papiere, dafür aber lockere Sprüche für die Beamtinnen parat. Bei einem Zwischenstopp in der Einsatzzentrale bekommen die Polizisten dann einen Einblick in die allgemeine Situation. Seit 21 Uhr kommen fast minütlich Anrufe, heißt es dort. Für Kempten und den Altlandkreis, dem Zuständigkeitsbereich der Polizeiinspektion, bedeutet das bis 1.45 Uhr 35 Einsätze. Im vergangenen Jahr seien es die Nacht hindurch über 50 gewesen, weiß Schader. Im Büro erreicht die Zivilpolizisten die Meldung eines brennenden Wertstoff-Containers im Akosweg, Ecke Heggener Straße. Es ist bereits der zweite brennende Container, der gemeldet wird. 'Da fahren wir hin', nicken sich die Beamten zu und laufen zum Fahrzeug. Beißender, weißer Rauch kommt ihnen am Einsatzort aus den Containern entgegen. Davor stehen ein Löschfahrzeug der Feuerwehr und ein Polizeiwagen. Das Feuer ist gerade gelöscht. Die Streife befragt Umstehende nach Hinweisen. 'Zwei Container sind betroffen, also etwa 4000 Euro Schaden', bemerkt die Feuerwehr, bevor die Zivilstreife wieder Richtung Innenstadt abrückt. Ab 2.30 Uhr wird es dann ruhig in und um Kempten. In der Stadt sind Polizeiwagen in der Überzahl, nur wenige Autofahrer sind unterwegs, hin und wieder biegt ein Taxifahrer um die Ecke. Bei der Nachbesprechung mit der Bereitschaftspolizei zeigt sich Schader zufrieden: 'Wir haben viel verhindert.'