Zehn Millionen Euro investiert die Katholische Jugendfürsorge e.V. (KJF) der Diözese Augsburg in den Baumwipfelpfad in Scheidegg. Ab Ende Oktober sollen Besucher in 35 Metern Höhe den Blick in die Berge und zum Bodensee schweifen lassen. Das Projekt hat auch Kritiker auf den Plan gerufen.
Peter Mittermeier hat darüber mit Markus Mayer, stellvertretender Vorstandsvorsitzender der KJF, und Carmen Seitz gesprochen, die den Betrieb vor Ort leitet.
Die KJF ist im Bereich der Jugendfürsorge tätig. Warum betreiben sie einen Baumwipfelpfad?
Markus Mayer: Für uns geht es im Kern darum, die Fachklinik Prinzregent Luitpold langfristig zu sichern. Dazu ist der Skywalk Allgäu ein wichtiger Beitrag.
Inwiefern?
Mayer: Die Klinik sieht im Skywalk Allgäu die Möglichkeit, ihr therapeutisches Angebot erweitern zu können. Gleichzeitig wird der Standort für Patienten erheblich attraktiver. Unter den Rehabilitationskliniken gibt es einen scharfen Wettbewerb. Wichtig ist da natürlich die diagnostische und therapeutische Qualität.
Die kann aber so gut sein wie sie will: Wenn das Drumherum nicht passt, von den Zimmern bis zum Freizeitangebot, kann eine solche Einrichtung sich nicht auf Dauer halten.
War der Standort Scheidegg konkret gefährdet?
Mayer: Wenn wir nicht investiert hätten, mittelfristig ganz sicher. Mit der Entscheidung für Scheidegg war klar, dass wir hier investieren werden. Das tun wir nicht nur mit dem Skywalk Allgäu, sondern auch direkt an der Klinik, beispielsweise in ein neues Unterbringungshaus für Patienten.
Wie ist die KJF auf einen Baumwipfelpfad gekommen?
Mayer: Die Idee hat der Scheidegger Bürgermeister Uli Pfanner an uns herangetragen. Er hatte sich bei den Überlegungen, Scheidegg als Klinik- und Gesundheitsstandort auszubauen, an uns gewandt. Die KJF hat insgesamt im Bereich der Medizin drei Rehaeinrichtungen für Kinder und Jugendliche. Wir hatten uns damals angesichts der Entwicklung in dem Bereich auch die Frage gestellt, wie es mit der Klinik in Scheidegg weitergeht. In dem Zusammenhang brachte der Bürgermeister die Idee eines Baumwipfelpfades auf. Die hat bei uns schnell Begeisterung gefunden. Die Umsetzung nicht gleich.
Warum?
Mayer: Es war für uns schon die Frage, ob wir als katholischer Gesundheits- und Sozialdienstleister eine solche Einrichtung tragen können. Und konkret, ob die Investition im Sinne der Satzung der KJF ist. Für uns ist es ja eine komplett neue Leistung. Ähnliches haben wir bisher nicht.
Sind denn die Mittel im Sinne der Jugendfürsorge angelegt?
Mayer: Ja. Wir gehen wie gesagt davon aus, dass der Skywalk Allgäu die therapeutischen Möglichkeiten der Klinik erweitert und den Standort stärkt. Es gibt aber noch einen dritten Punkt, der bisher in der Öffentlichkeit zu wenig Beachtung findet. Die KJF betreibt Einrichtungen zur beruflichen Bildung und Integration, in denen behinderte Jugendliche eine Möglichkeit zur Ausbildung bekommen. In dem Zusammenhang steht der Skywalk Allgäu. Es ist kein normaler Gewerbe- sondern ein Integrationsbetrieb, in dem Behinderte eine Chance auf Arbeit haben.
Wie viele Arbeitsplätze entstehen im "Skywalk"?
Carmen Seitz: Am Ende werden etwa 15 bis 20 Menschen hier arbeiten. Mindestens 40 Prozent davon gelten als schwerbehindert. Sie haben also einen Behindertenausweis.
Zehn Millionen Euro sind auch für eine Einrichtung wie die KJF mit 3100 Beschäftigten viel Geld. Wie finanzieren Sie das Vorhaben?
Maier: Außer 200000 Euro Zuschuss, die wir über Leader plus bekommen, ausschließlich aus eigenen Mitteln, die dem Verein zu satzungsgemäßen Aufgaben zur Verfügung stehen. Wir bekommen dafür keine Kirchensteuermittel, Spenden und kein Geld von der Diözese.
Auch, wenn der Park nicht so laufen sollte, wie geplant?
Mayer: Auch dann nicht. Der Skywalk Allgäu ist das Risiko der KJF. Wir glauben aber, dass der Betrieb funktionieren wird.
Sie rechnen weiter mit 50000 Besuchern im Jahr?
Mayer: Ja, 50000 bis 60000 Besucher sind die Untergrenze, von der der wir ausgehen.
Reicht diese Zahl, um den "Skywalk" wirtschaftlich zu betreiben?
Mayer: Das wird die Erfahrung bringen. Die Frage der Wirtschaftlichkeit hängt ja auch von den Bereichen rund um den Skywalk ab, also zum Beispiel der Gastronomie, dem Souvenirgeschäft.
Es gab im Anfangsstadium des Projektes auch mal den Gedanken, später ein Baumhotel am Skywalk zu errichten. Gibt es solche Pläne noch?
Mayer: Wir fangen jetzt erst einmal mit den Grundelementen an. Alles andere hat Zeit. Das Gleiche gilt im übrigen für den Gutshof. Wir werden uns in Ruhe überlegen, ob und wie wir ihn in das Konzept einbinden können.
Ein behutsamer Umgang mit der Schöpfung müsste einer kirchlichen Organisation ein besonderes Anliegen sein. Wie verträgt sich aber der Baumwipfelpfad mit der Natur?
Mayer: Unser Ziel ist es, Besuchern ein neue Art des Naturerlebnisses zu ermöglichen. Während der ganzen Genehmigungsphase waren die Gemeinde sowie die anderen Träger öffentlicher Belange beteiligt. Unser Ziel war es, den Pfad gemeinsam so umweltschonend wie möglich zu verwirklichen. Wir nutzen beispielsweise die aufwändige Schiffsmastentechnik, um die Wurzeln der Bäume so wenig wie möglich zu beschädigen.
Und wir heben das Baumaterial mit drei großen Kränen in den Wald anstatt es hineinzufahren.
Sie haben aber erst einmal Bäume gefällt
Seitz: Wir mussten Bäume entfernen, anders ging es leider nicht. Das war ein Zielkonflikt. In jedem Fall aber hätte aus forstwirtschaftlicher Sicht mindestens die gleiche Zahl an Bäumen entfernt werden müssen. Zudem werden wir als Ausgleichsmaßnahme einen Hektar Wald aufforsten. Nicht einfach Bäume, wir werden in der Nähe der Klinik einen Waldsaum anpfanzen, den es so nicht gab.