Keiner hat sich gestern so in Schale geworfen für die Eröffnung der Bregenzer Festspiele wie Gerd Alfons. Der technische Direktor des Festivals präsentierte stolz eigens für diesen Anlass gefertigte Schuhe - in Aida-Himmelblau, mit kupferfarben glänzenden Sternen drauf. Auch die anderen 2100 Gäste zeigten sich bester Laune und genossen ein buntes Eröffnungsprogramm auf künstlerisch höchstem Niveau. Intendant David Pountney hatte es zusammengestellt aus lauter Appetithäppchen, die Lust machten auf die kommenden Wochen voller Musik, Theater, Show und Experiment.
Die Wiener Symphoniker unter Leitung von Paul Daniel bewiesen, dass sie eine große Bandbreite musikalischer Sprachen perfekt beherrschen: von den farbenreichen, spätromantischen Kompositionen Karol Szymanowskys über Verdis emotionale Arien, schmissige Chansons Friedrich Hollaenders und Operettenmelodien Georg Gershwins bis hin zu einer witzigen, atemlos schnellen Suite des Russen Dmitri Schostakowitsch. Klar, exakt und temperementvoll musizierten die Symphoniker den Festakt.
Die Sänger des polnischen Rundfunkchors und des Ensembles der Stadt Katowice "Camerata Silesia" standen dem Orchester nicht nach und verblüfften mit Ausgewogenheit, präziser Intonation und strahlendem Klang. Ein optisches Glanzlicht setzten eine Akrobatin und ein Akrobat des Duos Sleepless Night mit einer poetischen Nummer, über den Köpfen der Symphoniker schwebend.
Den Ansprachen zur Eröffnung geben die Bregenzer Festspiele traditionsgemäß nicht gar zu viel Raum. Neben Festspielpräsident Günter Rhomberg kamen lediglich die österreichische Bundesministerin für Kultur Dr. Claudia Schmied und der österreichische Bundespräsident Dr. Heinz Fischer zu Wort.
Konkrete Äußerungen waren freilich nur von Erstem zu hören. Rhomberg sprach die wirtschaftlich unsicheren Zeiten an und kam zu dem Schluss: "Nur eine Konstante der Hoffnung verbleibt unserer Gesellschaft - die Handschrift der Kultur, der Kunst." Die politischen Vertreter forderte der Festspielpräsident auf, "diesem kreativen Kraftzentrum" mehr Aufmerksamkeit zu schenken.
Rhomberg erklärte, dass die Bregenzer Festspiele in den vergangenen zwölf Jahren einen Rückgang öffentlicher Gelder um etwa 30 Prozent hinnehmen mussten, obwohl sie ein "Erfolgsunternehmen von hoher Qualität und ungebrochenem Publikumszuspruch sind".
Von Kultusministerin und Bundespräsident erwartete der Chef der Festspiele freilich keine konkrete Antwort auf seine leise Kritik, wie er nach der Veranstaltung auf Anfrage sagte. Zu den Politikern aus Wien habe er einen guten Draht und Gespräche über Subventionen liefen auf anderer Ebene, so Günter Rhomberg. "Es geht uns vor allem um ein Bekenntnis zur Kultur", immerhin sei auch der Finanzminister Josef Pröll im Publikum gesessen.
Bekenntnisse zur Kunst
An verbalem Zuspruch von politischer Seite mangelte es denn auch nicht. Bildungsministerin Schmied bemühte Einstein und Kant, um das Motto der Festspiele "Sinn und Sinnlichkeit" zu interpretieren. Die Bedeutung der Kultur beschrieb sie so: "Sie ist in meinem Verständnis ein essenzielles Merkmal einer demokratischen Gesellschaft."
Bundespräsident Fischer, der letztlich die Festspiele für eröffnet erklärte, brach in seiner Ansprache eine Lanze für die Kunst im Allgemeinen mit den Worten: "Es ist letztlich die Kunst, die Vernunft und Sinnlichkeit versöhnen kann, die Menschen ästhetisch wie moralisch bildet."
6900 bei der Premiere
Sinnliche Kunst erlebten Bundespräsident Fischer und die Minister Pröll und Schmied einige Stunden später bei der Aida-Premiere auf der Seebühne. Gemeinsam mit fast 6900 weiteren Zuschauern bestaunten sie die blauen Füße, die den technischen Direktor Gerd Alfons zu seinen neuen, blauen Schuhen inspiriert haben.