Wenn Männer Frauen sind: Travestie im Satchmo\'s. Von Klaus Büttermann Kaufbeuren Die Gastspiele des Travestietheaters 'Bel Étage' aus München im Kaufbeurer Satchmo\'s haben mittlerweile schon Tradition und sind so beliebt, daß sie sogar an den Faschingshaupttagen dreimal hintereinander den Club füllen. Miss Piggy und Gene hatten zu ihrer Wagenladung Federn, Stoff und Glitzerkram diesmal noch den durchaus männlichen Tom als Sänger, Tänzer und Lustknaben auch für das Publikum mitgebracht.
Der Beginn der Show mit dem Discohit 'We will survive' kann auch programmatisch für Travestie verstanden werden: Die 'Herren Damen' gehören seit Jahrzehnten zum festen Bestandteil der Showszene und haben offenbar kaum an Faszination verloren. Können sie doch laszive Scherze mit einem Publikum treiben, das bei Erotikshows echter Frauen kaum je anzutreffen wäre. Da wird ein Gast unter den Rock gesteckt für eine ganze Weile, ein anderer im Sado-Maso-Kostüm ein bisschen ausgepeitscht, und alle lachen heiter und unbefangen. Als Hetero-Mann könnte einem auch ein wenig mulmig werden, wenn Gene Pascal erstmals die Treppe herabgleitet. Gegen sein Gesicht, sein Outfit, seine urfemininen Bewegungen wirkt Verona Feldbusch (sie möge mir vergeben!) fast wie ein Trampel.
Wären da nicht die Stimmen, die Gene und Piggy eindeutig als Männer identifizieren. Beide singen einen Teil des Programms auch live in beachtlicher Qualität, von der unvermeidlichen Zarah Leander mit lockerem Gebiss bis zu Musicalhits wie beispielsweise aus 'Sunset Boulevard'. Miss Piggy, figürlich wie stimmlich etwas grober mit teilweise breitem Württembergisch, ist mehr für die derb-komischen Rollen zuständig. Ob als Baby im Babysitter-Boogie, als Domina oder als Schönheitskönigin von Schneizlreuth, Piggy geht stets in die Vollen. Gene spielt bis an die Geschmacksgrenze mit den Attributen der Weiblichkeit, von einem Fellkragen aus roten Teddybären bis zu einem rosa Monsterbusen, der sich nach Entfernen einer Schicht Tüll als ein paar Pompons am Kleid entpuppt, und vom farbenprächtigen Glitzerkostüm bis zum adretten Luftwaffenkleidchen mit Schiffchen und blonder Riesentolle, unter der eine sächsische Version von Lilly Marleen herausgeträllert wird. Sichtlich am wohlsten fühlt Gene sich jedoch, wenn er/sie einfach schön und elegant sein darf.
Scharf wie Weißwurstsenf
Einer der Höhepunkte des Programms ist die Parodie auf Bonds 'Diamonds are forever', bei der russische und amerikanische Schöne mit immer noch größeren Geschmeiden prahlen. Tom hingegen darf die Damenwelt mit einer netten (für die Provinz zensierten?) Strippershow unterhalten, scharf wie Weißwurstsenf oder Miß Piggys Witze.
Schließlich die notwendige Zerstörung aller Illusionen in der Zugabe ungeschminkt, schlicht zwei Männer. Nur an ihren Stimmen sind sie noch zu erkennen, wenn sie live 'So leb\' Dein Leben' singen. Auch programmatisch.